Full text: Geschichte der Provinz Sachsen

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Klosters Hersfeld enthalten. Die Ortsnamen, die sie geben, zeigen 
aber schon Formen, die auf ganz verschiedene Gründungszeiten hin> 
weisen. Es ist nun Aufgabe der Ortsnamenforschung, das Dunkel, 
das über der Entstehung der Siedelung lagert, zu lichten. Aus den 
Lautbestandteilen des Namens schließt man dabei auf das Alter des¬ 
selben und auf das siedelnde Volk. Für unsere Gegend ist man auf 
folgende Perioden gekommen: 
1. Periode bis etwa 300 n. Chr. 
2. „ „ // 531 „ ,, 
3. tf „ ,, 800 „ 
4. „ „ „ 1300 „ „ 
Dazu noch eine slavische Periode. 
Diese Einteilung entspricht dem Gange der Besiedelungsgeschichte. 
Den ersten Abschnitt bildet die Zeit der Einwanderung der Angeln 
und Warnen, die im 3., spätestens im 4. Jahrhundert stattgefunden 
hat; die 2. Periode reicht bis zum Untergange des Thüringerreichs, 
die 3. bis zur Karolingerzeit, die 4. umfaßt die nachkarolingische Zeit 
bis zum Aufhören der Ortsgründungen; eine besondere Periode nimmt 
die slavische Zeit in den östlichen Gegenden ein. 
Der ersten Periode gehören die einfachen Namen auf a, larA 
mar, tar, loh, ere, ide usw. an. Diese Bezeichnungen sind meist 
von der Ortlichkeit hergenommen, wie a = Wasser, Fluß, lar = Ort 
überhaupt, mar — Sumpf, tar = Baum, loh — Wald. Ihre Zahl 
ist nur klein; sie finden sich meist auf besonders gutem Boden oder 
an wichtigen Gebirgs- und Flußübergängen. Daneben kommen aller- 
dings auch Dörfer mit alten Namen vor, bei denen es nicht ver- 
ständlich ist, was gerade an diesen Punkten eine so frühe Ansiedelung 
veranlaßt hat. Eine vorteilhafte Lage an einem Knotenpunkt natürlicher 
Verkehrslinien hat z. B. Artern, das in diese Periode gehört, ferner 
Kelbra als Übergangspunkt über den Kyffhäuser, Wiehe als Über¬ 
gangsstelle über den nordöstlichen Teil der Finne, Lohra an einer 
Straße über die Hainleite, Furra an einer Furt über die Wipper, 
Erfurt an einer Furt über die Gera. 
Der zweiten Periode gehören die Orte mit der Endung —leben, 
—ingen (—ungen) und —stedt an. Die Endung —leben wird 
als „Hinterlassenschaft", „Erbe" gebeutet und steht in der Regel in 
Verbindung mit einem Personennamen. Ihr Vorkommen beschränkt 
sich auf einen scharf umgrenzten Bezirk. Die Orte mit bieser Namens- 
enbung reichen von Jütlanb bis an ben Thüringerwalb; von Norben 
her ziehen sie an ber Elbe entlang bis in bie Saalebene unb von 
hier in das Unstrnt-, Helme- und Wippertal. Die Endung ist eine 
echt thüringische, und man bringt sie mit den eingewanderten Angeln 
und Warnen, besonders mit den letzteren in Verbindung. Dieser 
Endung nahe steht —ingen, oder was dasselbe ist, —ungen. Sie 
bezeichnet einfach eine Zugehörigkeit und zwar sowohl die Zugehörig»
	        
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