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lieferte dem Osten Kolonisten und rückte gleichzeitig vom Reiche ab.
Deutschland wich fast gleichzeitig von den Alpen und der Nordsee zurück,
d. h. von natürlichen Grenzen und verheißungsvollen Pforten, und suchte
in den grenzenlosen und in der Kultur tiefstehenden Osten hinein¬
zuwachsen.
Man bedenke, daß bei gewaltigen Raumansprüchen der für das
römische Reich deutscher Nation hochwichtige Verkehr über die Alpen
fünfzehnhundert Jahre lang auf die alten Römerstraßen angewiesen
war! Deutschland selbst ist ein wegarmes Land bis in den Beginn des
19. Jahrhunderts gewesen. Und deshalb hat niemals eine geschlossene
Geschichte den ganzen Raum des Reichs ausgefüllt. Norddeutschland
ist manchem deutschen Kaiser ein fremdes Land gewesen. Deutschland
hat überhaupt seine alpinen und transalpinen, burgundischen und danu-
bischen Interessen mit denen des Tieflands und den maritimen immer
nur vorübergehend vereinigen können. Und darin besonders liegt ein
Hauptgrund des Auseinanderfallens Nord- und Süddeutschlands. Hie
Süddeutschland, Alpen und Mittelmeer, hie Norddeutschland, Ostsee-
länder und Ozean! In einer Zeit der Raumschwierigkeiten bedeutete
es Auseinanderzerrung bis zur Zerreißung oder mindestens Entfremdung,
wenn die politischen und wirtschaftlichen Zielpunkte der einen Reichs-
Hälfte nicht bloß am Meer, sondern weit über dem Meer lagen. Die
Hanseangelegenheiten konnten damals nicht Reichsangelegenheiten für
Kaiser sein, deren Horizont den Oberrhein mit dem Rhoneland und
Oberitalien verband. Gegen Friedrich Barbarossa konnte sich Nord¬
westdeutschland mit Flandern, England und Dänemark verbünden. Die
auffallende Nordwestlücke in der heutigen politischen Gestalt Deutsch¬
lands ist alten Ursprungs; als das Mittelmeer und die Nordsee auf¬
hörten, zwei Verkehrsgebiete zu sein, die nichts voneinander wußten,
war das Rheinmündungsland längst auf dem Wege, ein selbständiger
Staat zu werden. Wenn nicht die raummächtigste Organisation dieser
Zeit, die Kirche selbst, das deutsche Ordensland in Preußen mit dem
Reich verbunden hätte, wie fern und fremd wäre auch dieses geblieben!
Es bewahrte sich ohnehin fast die volle Selbständigkeit, mit der die
norddeutschen Länder zu Rudolfs von Habsburg Zeiten dem allein
kaiserlichen Südwesten wie peripherische, fremd gewordne Glieder gegen¬
überlagen.
Der Unterschied der Lage zwischen dem Norden und dem Süden
unsers Landes wirkte aber noch weiter. Der Norden stellte in Deutsch-