Full text: (Prosa) (Teil 7 - 9 in 1 Bande, [Schülerband])

zwei nach vorn, zwei nach rückwärts gewandt, die wieder abwechselnd 
nach rechts und links blickten. Bart und Haupthaar war nach Landes¬ 
sitte geschoren. In der rechten Hand hielt der Götze ein Horn, das 
mit verschiedenen Arten Metall verziert war und jährlich einmal mit 
Getränk angefüllt wurde; der linke Arm war bogenförmig in die Seite 
gesetzt, die Kleidung ein Rock, der bis an die Schienbeine reichte. Diese 
waren von anderem Holz als die übrige Figur und so künstlich mit 
den Knien verbunden, datz man nur bei genauer Betrachtung die Fugen 
wahrnehmen konnte. Die Füße standen auf der Erde und hatten unter 
dem Boden ihr Futzgestell. Das Ganze war riesenhaft, weit über 
menschliche Größe hinaus. Endlich Triglaff hatte drei Köpfe, die ver¬ 
silbert waren. Ein goldener Bund verhüllte ihm Augen und Lippen. 
Diese Götter hatten überall im Lande ihre Tempel; nicht nur 
in Städten und Dörfern, sondern auch in unbewohnten Festen, so¬ 
genannten „Burgwällen", und zwar auf Hügeln und Klippen, in Seen 
und Wäldern. Wahrscheinlich hatte jeder „Gau", deren es im Lande 
zwischen Elbe und Oder etwa 45 gab, einen Haupttempel, ähnlich 
wie es in späterer christlicher Zeit in jedem größeren Distrikt eine Bi¬ 
schofskirche, einen Dom, ein Kloster gab. Dieser Haupttempel konnte 
in einer Stadt sein, aber auch ebensogut in einem „Burgwall", 
der dann nur den Tempel umschloß und etwa einem Berge mit einer 
berühmten Wallfahrtskirche entsprach. In Iulin, Wolgast, Eützkow, 
Stettin, Malchow, Ploen, Jüterbog und Brandenburg werden solche 
Städtetempel eigens erwähnt. Unzweifelhaft aber gab es deren an 
anderen Orten noch, als an den vorstehend genannten. 
Es bleibt uns noch die Beantwortung der Frage übrig: was 
wurde aus den Wenden? Sie wurden keineswegs mit Stumpf und 
Stiel ausgerottet, sie wurden auch nicht einfach zurückgedrängt bis zu 
Gegenden, wo sie Stammesgenossen vorfanden, — sie blieben vielmehr 
alle oder doch sehr überwiegenden Teils im Lande und haben in allen 
Provinzen jenseits der Elbe unzweifelhaft jene Mischrasse hergestellt, 
die jetzt die preußischen Provinzen bewohnt. 
Einzelne Historiker haben dies bestreiten wollen, aber wir glauben 
mit Unrecht. Einmal würde eine solche folgerichtig durchgeführte Rassen- 
geschiedenheit gegen die historische Überlieferung aller andern Staaten, 
bei denen ähnliche Verhältnisse obwalteten, sprechen, andererseits dürfte
	        
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