Full text: [Teil 1 = (2. und 3. Schuljahr), [Schülerband]] (Teil 1 = (2. und 3. Schuljahr), [Schülerband])

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2. Nicht lange, so kam der zweite Sohn und sprach: „Vater, ich will 
jetzt auch dienen gehen und mein Glück versuchen!“ Der Alte suchte ihn 
umsonst abzuhalten; er blieb hartnäckig bei seinem Vorsatz Da buk ihm 
seine Mutter einen Reisekuchen aus Brotmehl, und am andern Morgen 
machte er sich auf den Weg. Es ging ihm aber fast ganz wie seinem 
Bruder; denn er war ja auch nicht viel anders und besser. Wie er auf 
dem Wege aß und der alte Bettler ihn um einen Bissen ansprach, hob 
er den Stock; er schlug und warf auch nach den Vöglein, und in seinem 
Dienst war er ebenso faul und bösartig. Kaum war das Jahr zu Ende, 
so lief er auch schnell zu seinem Herrn und verlangte den bedungenen Lohn. 10 
Der führte ihn auch in die Kammer, wo die drei Säcke mit Gold-, Silber— 
und Kupferstücken standen. „Nimm dir einen!“ sprach der Alte; „warst 
du aber unredlich im Dienste, so wird es dir nichts nützen!“ Er war 
etwas bescheidener als sein Bruder und nahm nur den Sack mit den 
Silberstücken; denn er wußte wohl, daß er auch den nicht verdient hatte. 15 
Als er nun heimkam, rief er schon aus der Ferne seinen Eltern entgegen: 
„Jetzt brauchen wir nicht mehr zu arbeiten, denn ich bringe in diesem Sack 
lauter Silber!“ Wie er aber den Sack niedersetzte und öffnete — siehe, 
da war alles purer Sand. „Sagte ich's doch, daß es so kommen würde!“ 
sprach seufzend sein Vater. Der Sohn aber wagte wie sein Bruder nichts 20 
zu sagen; denn er gedachte auch sogleich an die letzten Worte des alten 
Mannes, an den Bettler, die Vöglein und an seinen unredlichen Dienst. 
3! Bald darauf trat der jüngste Sohn zum Vater und sprach: „Lieber 
Vater, ich will auch dienen gehen und mein Glück versuchen!“ Ihn wollte 
der Alte nun durchaus nicht fortlassen. „Wo denkst du hin? Deine Brüder 25 
haben mir nur Spott und Schande gebracht, was würde ich von dir erst 
erleben!“ Der Kleine bat aber so lange, bis sein Vater sprach: „Nun, 
so geh in Gottes Namen!“ Wer konnte froher sein als Aschenputtel! 
Seine Mutter buk ihm einen Reisekuchen aus Asche, und am andern 
Morgen, ganz früh, trat er seine Wanderung an. Da kam er an den 30 
nämlichen Berg, wo seine Brüder gespeist hatten, und weil ihn der Hunger 
quälte, setzte er sich nieder und packte aus. Bald kam auch der alte Bettler 
und sprach: „Gott gesegn' es!“ und bat um einen Bissen. „Setzet Euch her, 
armer Mann, neben mich!“ und er teilte den Aschenkuchen mit ihm, und 
sie aßen und sahen um sich in die schöne Landschaft, die im Sonnenschein 35 
glänzte. Da hüpften auch die Vöglein hinzu und pickten die Brosamen 
auf, und des freute sich der Junge, und er zerbröckelte den ganzen Rest 
von seinem Kuchen und streute ihn den hungrigen Vöglein vor. Darauf 
nahm er seinen Tornister an die Seite, um fortzugehen, und sprach zum 
Alten: „Behüt' dich Gott!“ Dieser aber nahm ein Pfeifchen aus seinem 40 
Sack und schenkte es dem Jungen, weil er so freundlich gewesen und ihn 
gespeist hätte, und die Vöglein sangen ihm nach: „Der liebe Gott wird 
dir's vergelten!“
	        
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