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Stans und Buchs, Sempach und Willisau, das halbe Schloß Limberg im
Breisgau und Schloß und Stadt Laufenberg. Die Landgrafschaft im Ober-
elfaß, die Grafschaft im Zürichgau und die Vogtei über Murbach wurden ge-
meinschaftlicher Verwaltung vorbehalten?) Alb recht war vermählt mit der
Gräfin Helwigis von Kyburg: ihr Sohn Rudolf (geb. am 1. Mai 1218)2)
trat im Jahre 1238 oder 1239 in das väterliche Erbe ein: er gewann dazu
nach heftigen Fehden bei'dem Aussterben der Grafen von Kyburg (27. No¬
vember 1264) das kyburgische Land,3) das die Feste Kyburg. die Landgraf-
fchaft im Thnrgan und eine Reihe von Städten und Höfen bis Aarau um-
faßte. Mit nichten war also der Graf von Habsburg ein Bettler, als er zur
Königswürde berufen wurde, wie böhmische Prahlerei uns glauben machen
will?) Im Gegenteil behauptete er eine einflußreiche Stellung in den oberen
Landen, wie in Schwaben und Elsaß. Die Herren und Städte hätten sicher
seinen Schiedsspruch in ihren Streitigkeiten nicht so oft begehrt, wenn seine
Macht ihnen nicht die Gewähr geboten hätte, daß seine Entscheidung allsei-
tige Beachtung fände. Mit Ottokars von Böhmen Macht freilich ließ sich
die des Habsburgers nicht entfernt vergleichen: daraus erklärt sich der uu-
bändige Trotz, den jener dem neuen Könige entgegensetzte.
Rudolf hatte fast die Mitte des 55. Lebensjahres erreicht, als ihn die
Wahl der Kurfürsten zur Leitung des Reiches berief. Er war von stattlicher
Gestalt, 7 Fuß hoch und schlank gebaut. Sein Kopf war klein und mit spär-
lichem Haare bedeckt, die Gesichtsfarbe bleich, die Nafe lang und gebogen.
Man rühmte seine Mäßigkeit in Speise und Trank, seinen Biedersinn, seine
Verschlagenheit und Tapferkeit im Kriege. Seine Kleidung war schlicht, fast
ärmlich, seine Sparsamkeit erschien manchem als Kargheit und Geiz. Als
ein Zeichen seiner Frömmigkeit führen die Quellen an, daß er nie die hei¬
ligen Zeiten durch Kampf entweihte, nie ohne Ansage Fehde erhob und nie-
mals im Streite der Ritterpflicht vergaß. Feinere Bildung war ihm fremd,
doch war ihm ein gewisser praktischer Blick eigen, der ihn das Rechte finden
ließ.5) Seiner Parteistellung nach war er Ghibelline. Er hatte Friedrich II.,
der ihn aus der Taufe gehoben, die Treue gehalten, auch nachdem der
Staufer den Zorn der Kirche auf sich geladen; er hielt nicht minder treu zu
1) Kopp a. a. O. 582 — 588. 2) Chron. Golm. 240. 3) Chron. Golm. 241.
Kopp II, 1,589 flg. 4) Vgl. den hochmütigen Brief Ottokars an den Papst bei
Dolliner, Cod. epist. 16 (Emier I, no. 840). Es heißt darin: Compaciatur sibi
(i. e. imperio) matris ecclesie beata benignitas, dum illud Imperium, a quo mun-
dus contremuit universus, — nunc illis contingit personis, quas fame recondit ob-
scuritas, que virium destituuntur potencia et penuriose gravantur sarcina
paupertatis (Bettelfackl). Der Ton des Schreibens hat die Vermutung entstehen
lassen, daß wir es hier nicht mit einem Originalbriefe Ottokars zu thun haben, sondern
mit einer bloßen Stilübung, vgl. Harnack, das Kurfürstenkollegium S. 261 flg.; trifft
diese Vermutung das Richtige, so kann der Brief doch immer als Beweis gelten,
welche Gesinnung in Böhmen und zwar in den dem Hofe nahestehenden Kreisen herrschte.
5) Vgl. zur Charakteristik Rudolfs: Chron. Golm. 240. Monachi Fürstenf. Chro¬
nica (Böhmer F. 1,1); Johann. Victor. II, 1. (B. F. I, 299); Ellenh. 123 rühmt feine
iustitia, equitas et rectitudo. Die erste bayrische Fortsetzung der Sächs. Weltchronik
(M. G. D. Chr. II, 328) berichtet von Rudolf, es sei: „als gar vermaeret über
ellin Dautschen lant, wie durnahtich (bieder), wie weis und wie frum er waer."
In der Chronik des Stiftes St. Simon und Judas in Goslar (a. a. O. 597) heißt
es Kap. 19 von ihm: „Düsse was olt, strenge, wis, sachtmodich, karch und hadde
lef den vrede". Ottokar, Kap. 107 (Pez III, 119).