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Streifen hinein. Kommt es beim Weiterwandern von schwarzem Zeuge auf
weißes oder rotes, so entsteht auch eine bunte Hülle mit verschiedenfarbigen
Streifen. Wird das Räupchen in seinem Verstecke gestört, so schlüpft es aus
der Hülle heraus, läßt sich an einem dünnen Gespinstfaden zur Erde hinab
und haspelt sich nachmals wieder an demselben zu seinem Futterplatze zurück.
Ist ihni seine Hülle währenddem zerstört worden, so webt sich's eine neue.
Im Spätherbste, wenn das Räupchen völlig erwachsen ist, verläßt es
seinen Weideplatz, kriecht langsam nach der Wand oder nach der Zimmer¬
decke, heftet sich samt seiner Hülle daselbst an und schläft dort bis zum An¬
fange des Frühjahres, ohne daß der Frost ihm irgendwie schadete. Am Ende
des März verwandelt es sich in eine Puppe und schlüpft nach drei Wochen
als neue, schöngeflügelte Motte hervor um wiederum Pelze und Kleider für
die neue Brut aufzusuchen.
Will man die gefährdeten Stoffe und Kleidungsstücke gegen die kleinen
Zerstörer verwahren, so darf man sich nicht aus die Mottenkräuter verlassen.
Kleinere Sachen wickelt man fest in Leinwand, die mit Salz und Salpeter
oder Alaun getränkt oder auch geschwefelt worden sind. Bestreuen der Sachen
mit gepulvertem Eisenvitriol, Kampfer oder Pfeffer wird ebenfalls als vor¬
teilhaft gerühmt. Dichtschließende Kästen, vorzüglich solche aus Blech, sind
gleicherweise zu empfehlen. Außerdem hilft aber, wie gesagt, während des
Sonnners häufiges Lüften, Ausklopfen und Ausbürsten viel besser gegen die
Motten, gegen welche kein sicheres Kräutlein gewachsen ist.
Hermann Wagner.
104. Die Eiche.
Die Eiche ist dör stattlichste und kräftigste Baum unserer Laubholz¬
wälder, ein wahrer Riese des Waldes. Tief in die Erde schlägt sie ihre
starken, knorrigen Wurzeln. Unerschütterlich fest steht sie in Sturm und
Ungewittern. Ihre hundert kräftigen Äste reckt sie wie riesige Arme schirmend
aus. Der müde Wanderer eilt freudig zu ihr hin, in ihrem Schatten
findet er süße Ruh'! Hoch in den Zweigen singt der Vögel Chor ihm das
Schlummerlied.
Den Stamm der Eiche können oft mehrere Männer kaum umfassen.
Er erreicht einen Umfang von 9—IO m. Unzählbare schöngcschweifte Blätter
bilden eine große grüne Krone. Grüne Blütenkätzchen und rötliche Spitzchen
hängen im Frühjahre dazwischen und im Herbste viele niedliche Eicheln, die
in körnigen Näpfchen sitzen. Ihre dicke, rissige Rinde bietet die Eiche dem
Moose als Nahrung dar. Es hängt in schönen grünen Büscheln an den
Ästen und wie ein weicher seidener Mantel schmiegt es sich um den Stamm.
Flechten hängen in langen weißen Bärten von den Zweigen.
Und welche Menge von Tieren pflegt die königliche Eiche! Schnecken
kriechen langsam empor um von dem frischen Laube zu speisen. Unten
lauert die Blindschleiche auf sie um sie zu verzehren, wenn sie gesättigt
herabsteigen. Kleine Gallwespen laufen auf den Blättern hin und her und
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