Full text: Geschichte des Mittelalters (Theil 2)

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verschluckt hätten, Einher würben von ben Prüften ihrer 
Butter gerissen unb ohne Erbarmen gegen bie Wänbe ober 
Thürpfosten geschleubert, baß bas Gehirn umherspritzte. Nie- 
manb würbe gerührt von bem Flehen ber Mütter, von bem 
Schreien ber unschulbigen Kinber. Balb glich bie ganze Stabt 
einem großen Leichenhttgel. In wilder Morbgier schwärmten 
bie bluttriesenben Sieger mit klirrenben Waffen Hin unb her, 
von beit Straßen in bie Häuser, von ben Häusern in bie 
Straßen, ob nicht noch ein Unglücklicher zn ftnben sei, ben sie 
Zur Ehre Gottes morben könnten. So sehr vergaßen sie in 
ber ersten Wuth bie von Christus geprebigte Dulbung uub 
Menschenliebe unb befleckten ihren Ruhm mit ben empörenb- 
sten Grausamkeiten. 
Enblich, als bie Rache gestillt unb bie Raubgier befrie¬ 
digt war, ba kehrte christliche Demuth. Büßfertigkeit unb front- 
mer Sinn in bie Herzen zurück. Da reinigten bie Pilger sich 
vom Blute, entblößten Haupt unb Füße unb zogen in feierlicher 
Prozession singenb unb betenb nach ber Auferstehungskirche. Hier 
würben sie von ben Geistlichen empfangen, welche mit tiefer 
Rührung ben Pilgern banften für bie Befreiung ber heiligen 
Stabt aus ber Gewalt ber Ungläubigen, vor Allen aber Peter 
ben Einsiebler mit Lobsprüchen erhoben. Die Christen ber hei« 
ligen Stabt schienen nur Augen für ben hochherzigen Einsiedler 
zu haben, ber sie vor fünf Jahren in ihren Leiben aufgesucht 
hatte unb besten Verheißungen nunmehr so glorreich in Erfül¬ 
lung gegangen waren. Sie drängten sich haufenweise um ihn; 
an ihn richteten sie ihre Loblieber, ihn priesen sie laut als ihren 
Befreier. Sie erzählten ihm, was sie alles nmhrenb feiner 
Abwesenheit gelitten, uub konnten es kaum glauben, was vor 
ihren Aitgett vorging. In ihrer Begeisterung staunten sie bar» 
über, baß Gott sich eines einzigen Menschen bebient habe, um 
so viele Nationen zum Aufbruche zu bringen uub so viele 
Wuuber geschehen zu lassen. Thränen ber Rührung rollten von 
ben Wangen ber Pilger; sie konnten ihr freubetrunkenes Auge 
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