— 53 —
etwas besitzen, ja ob er selbst noch leben werde, machte, daß
viele durch leichtsinnigen Genuß sich betäuben und lieber das
wenige, was ihnen noch geblieben war, verschwenden, als es
dem Feinde überlassen wollten. Der vormals so kräftige
Geist der Bürgerschaften war durch das nicht endende Elend
des Krieges gebrochen. Die Schützenfeste, durch welche die
Städte ihre Wehrhaftigkeit erprobt und zugleich sich unter ein-
ander verbrüdert hatten, wurden immer seltener und hörten
zuletzt gänzlich aus. Auf dem flachen Lande verschwanden die
Gesangvereine oder Kantoreien, welche den Gottesdienst unter-
stützt, aber auch bei weltlichen Gelegenheiten, wie Hoch-
zeiten, Taufen u. dergl., einer fröhlichen Geselligkeit ihre
Stimme geliehen hatten. Der Volkshumor, der im Refor-
mationszeitalter sich so lustig ergangen hatte, machte einer
gelehrten Dichtkunst Platz, die dem Herzen des Volkes fern
stand.
Bei so traurigen Verhältnissen, in denen das deutsche
Volk sich befand, wäre es nun wohl die oberste Pflicht der d eu t -
schenFürsten gewesen, ihren schwerbedrückten Unterthanen
nach Kräften wieder aufzuhelfen. Ein Teil der Fürsten unter-
zog sich auch dieser Pflichterfüllung mit redlichem Eifer.
Ein rühmliches Beispiel landesväterlicher Regierung hatte
schon früher „Vater August" von Sachsen samt seiner
„Mutter Anna" gegeben, welche beide sich namentlich der
wirtschaftlichen Angelegenheiten ihres Landes annahmen.
Augusts Bruder Moritz hatte für Stiftung von Fürsten-
schulen und für die geistige Bildung des Volkes gesorgt. Unter
den Fürsten, welche jetzt diese löblichen Beispiele nachahmten,
sind vor allem zu nennen Herzog Ernst der Fromme von
Sachsen-Gotha, ein warmer Freund seiner Bürgerund
Bauern, Friedrich Wilhelm der Große, Kurfürst von
Brandenburg, Pfalzgras Karl Ludwig, ein volks-
freundlicher Herr, mehrere Fürsten von Braunschweig
A. s. w., aus einer späteren Zeit Friedrich August der
Gerechte von Sachsen, Karl August von Sachsen-
W eimar u. a.
Ein anderer Teil der Fürsten dagegen mißbrauchte die
durch den Westfälischen Frieden ihnen verliehene Gewalt,
lebte leichtfertig und verschwenderisch und erpreßte die Mittel
dazu aus jede Weise von den armen Unterthanen.