Das Frankenreich unter den Merowingern.
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indem er die nach dem Zusammensturz des weströmischen Kaiser¬
tums in Grallien geschaffene Lage klug ausnutzte, Begründer eines
mächtigen germanischen Staates. Ausgezeichnet durch Grausam¬
keit und Hinterlist, wie dtirch Tatkraft und Klugheit, griff er
vier Jahre, nachdem er zur Herrschaft gekommen war, 486
Syagrius an, der Herr des noch von den Römern beherrschten
Gebietes in Gallien war, und besiegte ihn in der Schlacht bei
Soissons1). Die Frucht des Sieges war der Gewinn der bisher
römischen Landesteile (zwischen Somme, Maas und der unteren
Loire), worauf Chlodowech den Sitz seiner Herrschaft von Door-
nick (Tournay) nach Soissons verlegte.
Zehn Jahre später wandte sich Chlodowech gegen die
Alemannen, die nach dem Abzug der Burgunder von Worms
(vgl. Seite 22) sich rheinabwärts ausgedehnt hatten und Nach¬
barn der Franken geworden waren. Zu Anfang des sechsten
Jahrhunderts trug er auch über sie in einer Schlacht auf dem
linken Ufer des Oberrheins, in nicht näher zu bestimmender
Gegend, einen entscheidenden Sieg davon. Indes führte dieser
nicht zur völligen Unterwerfung der Unterlegenen, sondern
nur zur Einverleibung des Landes links vom Rhein und rechts
davon zwischen Main und Neckar, während die weiter südlich
wohnenden Alemannen in ein Schutzverhältnis zum Ostgoten¬
könig 'Theoderich traten und erst bei der beginnenden Auflösung
des gotischen Reiches sich an das Frankenreich anschlossen.
Ohne einen ersichtlichen Anlaß brach der Frankenkönig
im Jahr 507 in das Land der Westgoten ein und brachte
ihrem König Alarich II. bei Vouille2) eine Niederlage bei.
Trotzdem der Ostgotenkönig Theoderich für seine Stammes¬
verwandten in Gallien eintrat, mußten diese an den Sieger das
Gebiet nördlich von der Garonne abtreten.
Da Chlodowech im Lauf seiner Regierung auch die übrigen
Teilkönige der Franken teils durch Gewalt, teils durch Verrat
zu beseitigen und sich an ihre Stelle zu setzen wußte, so be¬
herrschte er bei seinem Tod im Jahr 511 ein Reich, das sich
von der Garonne bis über den Rhein erstreckte.
3) Chlodowechs Übertritt zum Christentum: Als
Chlodowech zur Regierung kam, war er selbst, wie weitaus
der größte Teil der Franken, noch Anhänger des Heidentums.
*) An der mittleren Aisne.
2) Südlich yon Poitiers.