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Römische Geschichte. Vierte Periode (31 v. Chr. bis 395 n. Chr.).
der Verwaltung von Prokuratoren (Landpflegern) unterstellt; ein
solcher war Pontius Pilatus (26 — 36).
Bald darauf finden wir das Land in fortwährender Gärung
und aufständischer Bewegung: zu der Verarmung der Bevölkerung
und ihren Folgeerscheinungen gesellte sich der religiöse Fanatismus,
der durch törichte Maßregeln der römischen Regierung —- Gaius
ließ seine Kaiserstatue im Tempel aufstellen, und der Bilderhaß
des Volkes verfolgte selbst das Bild des Kaisers auf den Münzen
— gesteigert wurde. Das übermütige Regiment des Prokurators
jjgssius Florus veranlaßte 66 den Ausbruch eines furchtbaren
Krieges, der in Judäa und zumal in Jerusalem deshalb ganz be¬
sonders greuelvoll war, weil hier die Leiter des Aufruhrs zugleich
Kommunisten' waren.
Die Führung des jüdischen Krieges wurde von der römischen
Regierung (67) dem Flavius Vespasianus übertragen, der von
Norden (Galiläa) her den systematischen Vernichtungskrieg begann.
Nach seiner Erhebung zum Kaiser übernahm die Weiterführung
des Krieges sein Sohn Titus; er erstürmte und zerstörte die von
Hunger, Pest und Parteikämpfen verwüstete Stadt Jerusalem von
Grund aus im Jahre 70. Was von der Bevölkerung noch am
Leben war, wurde in die Sklaverei verkauft.
II. Die Glanzzeit des Reiches 69—180.
1. Die Kaiser.
a) Die Flavier 69 — 96. Vespasian, einfach, sparsam, ver¬
ständig, stellte das aus den Fugen gegangene Reich in trefflicher
Weise wiederher. Er regierte von 69 — 79.
Ihm folgte sein Sohn Titus 79 — 81, der nach einem schwel¬
gerischen Leben durch Freigebigkeit und Wohltun sich beliebt zu
machen wußte („Freunde, ich habe einen Tag verloren"). Gelegen¬
heit dazu fand er besonders bei dem Erdbebenwelches 79 Cam-
panien heimsuchte, wobei Pompeji, Herculäneum u. a. Städte
verschüttet wurden.
Es folgte sein Bruder Domitianus 81—96. Er wollte sich
durch Beseitigung der verfassungsmäßigen Rechte des Senats zum
absoluten Monarchen machen, suchte anfangs mit strenger Ge-