Full text: Deutsche Geschichte (Teil 3)

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12. Kaiser Wilhelms Ratgeber und Helfer. Mit scharfem Blick hat 
Kaiser Wilhelm die richtigen Männer für die wichtigsten Amter ausgewählt. 
Namentlich drei von ihnen ragen gewaltig über die andern empor; von 
ihnen war wieder Bismarck der bedeutendste. 
Otto von Bismarck wurde am 1. April 1815 zu Schönhausen 
in der Altmark, auf dem Stammgut seiner Familie, geboren. In Berlin 
besuchte er das Gymnasium, auf der Hochschule zu Göttin gen studierte er 
die Rechte. Einige Jahre war er als Beamter tätig. Da ihm jedoch der 
Staatsdienst nicht behagte, übernahm er die Bewirtschaftung seines väterlichen 
Besitzes. In jener Zeit wurde er zum Deichhauptmann gewählt. 
" Als in Preußen der Kampf um die Verfassung begann, trat er voll 
und ganz für die Rechte des Königtums ein. Bei allen, die nach Freiheit 
strebten war er deshalb verhaßt. Friedrich Wilhelm IV. aber schenkte ihm 
sein Vertrauen und schickte ihn 1851 als Bundestagsgesandten nach 
Frankfurt am Main. 
Bismarck kam als Freund Österreichs dorthin; aber er lernte völlig 
um. Schnell wurde es ihm nämlich klar, daß Preußen und Deutschland 
solange ohnmächtig bleiben müßten, wie Österreich im Deutschen Bunde die 
Oberhand hatte. Eine Rettung aus solchem Elend erschien ihm nur dann 
möglich, wenn Österreich aus dem Deutschen Bunde ausschied und Preußen 
die Führung übernahm. Diese große Änderung herbeizuführen, sah er fortan 
von jetzt ab als seine Lebensaufgabe an. Von Frankfurt ging er 1859 als 
Gesandter nach Petersburg und kurz darauf nach Paris. 
In der schweren Zeit des Konfliktes mit der Volksvertretung berief 
König Wilhelm den Herrn von Bismarck 1862 zum M i n i st e r p r ä s i d en t e n, 
damit er die Heeresreform durchsetze, von der ja die Mehrheit des Abge- 
ordnetenhanfes nichts wissen wollte. Klar und fest nahm Bismarck den Kampf 
auf. Es machte ihm nichts aus, daß er ein Tyrann und ein Unterdrücker 
der Volksfreiheit gescholten wurde. 
Schon der Dänische Krieg zeigte, daß er im Recht gewesen war. Mit 
Hilfe Österreichs entriß er den Dänen zwei deutsche Herzogtümer. Dann 
drängte er Österreich aus Deutschland hinaus und schuf den Norddeutschen 
Bund, in dem Preußen die Führung hatte. Bismarck wurde Bundes- 
kanzler. Schon vorher hatte ihn sein dankbarer König in den Grafen¬ 
stand erhoben. 
Daß uns das Jahr 1871 endlich die deutsche Einheit brachte, ist auch 
zum großen Teil Bismarcks Werk. Darum wurde er auch zum Deutschen 
Reichskanzler ernannt. Der neue Kaiser verlieh ihm außerdem den F ü r st e n - 
titel und schenkte ihm den Sachsenwald in Lauenburg. 
Auch weiterhin stand Bismarck seinem Herrn als treuer Berater zur 
Seite. Ebenso hielt er unter dem schwerkranken Friedrich III. auf seinem 
Posten aus, und nnserm jetzigen Kaiser diente er noch zwei Jahre. Da 
aber die Ansichten des jungen Herrschers und des alten Kanzlers oft weit 
auseinander gingen, nahm Bismarck im März 1890 feine Entlassung. 
Der greise Staatsmann verbrachte die letzten Lebensjahre auf seinem 
Gute Friedrichsruh im Sachsenwalde, östlich von Hamburg. Der 
achtzigste Geburtstag des „Alten im Sachsenwalde" war ein Freuden-
	        
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