Full text: Erdkundliches Lesebuch für die Oberstufe höherer Lehranstalten und Seminare

9. Die Oberrheinische Tiefebene und ihre Randgebirge, 
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9. Die Oberrheinische Tiefebene und ihre Randgebirge. 
Von Z. Kutzen. („Das Deutsche Land", 5. Aufl., Breslau 1908, 
Ferdinand Hirt.) 
Die Oberrheinische Tiefebene ist ein einfaches, leicht übersichtliches Ober- 
slächengebilde, ein allmählich absinkender Flachlandbusen mitten im Hochlande, 
dessen Südende bei Basel 240 m, dessen Mitte bei Straßburg 140 in und dessen Nord- 
ende bei Bingen 70 m über dem Meere liegt. Sie hat eine Flüche von 11 000 qkm, 
eine westöstliche Breite von 22 bis höchstens 55 km und zieht sich von Süd nach Nord 
fast 300 km weit hin. 
In der Vorzeit ist das den Schwarzwald und Wasgenwald verbindende Gebirgs- 
stück in die Tiefe abgesunken, und dann war die dadurch entstandene Tiefebene von 
einem langen See zwischen den Abhängen der Bergkämme überflutet; das Becken 
wurde darauf vom Rhein und seinen Zuflüssen bis 150 m Höhe mit Sand und Kies 
angefüllt, uud bei trockuem Klima lagerte sich dann Löß und Flugsand ab. Es folgte 
die Eiszeit, in welcher der Rhein die Grundmoränen und seine eigenen Ablagerungen 
erodierte; wieder folgte eine Trockenzeit mit Löß- und Dünenbildung, die Flüsse 
gruben sich tieser eiu, bis der Rhein sich durch das Schiefergebirge von Bingen nach 
Koblenz den tiefen Talweg durch die Felsen nagte. 
Die Gebirge zu beiden Seiten, die gleichsam als Grabenrand die vom Rhein 
durchströmte Ebene einfassen, steigen sogleich im Süden hoch empor — der Rest 
eines'uralteu Gebirges —, sinken gegen die Mitte und erstreben dann weiter nördlich 
wieder eine größere Höhe, die jedoch den südlichen Abschnitten bei weitem nicht gleich- 
kommt. Uberall aber, wie verschieden auch in den einzelnen Teilen ihre Erhebung 
ist, sind beide Gebirge einander merkwürdig gleich, denn sie waren ja, bevor die Rhein- 
ebene einbrach, ein zusammenhängendes Gebirge und sind nach Osten bzw. nach 
Westen stafselförmig abgesunken. Sie gleichen einander in ihrer keilförmigen Gestalt, 
deren Spitze nach Norden gerichtet ist; Schwarzwald und Wasgenwald wenden 
der eingeschlossenen Ebene ihre steilen, schroffen Wände und ihre erhabensten Gipfel 
zu, während die vom Rheinstrom abgewendeten Gehänge sanft absinken und all- 
mählich in Hochflächen übergehen, auf der Ostseite in das Schwäbische und auf der 
Westseite in das Lothringische Tafelland; beide bestehen in ihrer südlichen Hälfte 
aus Granit und Gneis, von Porphyr durchsetzt, während rheinabwärts der Bunt- 
saudstein dem Granit auflagert und auch an manchen Stellen noch Jura und Tertiär 
erhalten geblieben ist. 
Der Schwarzwald, im Mittelalter wegen der dunklen Tannen als Silva Nigra 
bezeichnet, gehört besonders in seiner südlichen Hälfte wegen seiner Gesamterhebung 
und der Mächtigkeit seiner Rücken, sowie wegen der Höhe seiner Gipfel zu den statt- 
lichsten deutschen Mittelgebirgen, nur durch das Rieseugebirge übertroffen. Die 
Gipfel — unter ihnen erreicht der Feldberg 1495 m — ragen nicht als freie Felsen- 
spitzen empor, sondern wölben sich zu abgerundeten Kuppen, entsprechend der Neiguug 
des Granits zu dieser Form, teilweise auch, weil die eiszeitlichen Gletscher die Berge 
zu Rundhöckern abgeschliffen haben, und schließlich auch wegen des hohen Alters 
dieser Gebirgsmasse. Mit dichten, düsteren Nadelholzwaldungen sind die mittel- 
hohen Rücken und oberen Lehnen bedeckt, während die unteren, dem Rheintale zu- 
gewandten Abhänge im Schmuck herrlicher Weinberge, Obstgärten und üppiger 
Laubwaldungen prangen.
	        
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