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des Gebirges Eisenbahnen gebaut wurden, mußten AbHolzungen
eintreten.
Die Bewohner des Himalaja setzen sich aus zahlreichen
Stämmen zusammen, welche sämtlich zur großen mongolischen Völker-
samilie gehören. Hierhin rechnen auch die in den höchsten bewohn-
baren Gebieten und an den nördlichen — schon auf chinesischem
Boden (Tibet) liegenden — Abhängen ansässigen Tibetaner. Sie
alle stehen in Hinsicht auf Bildung und Religion noch auf ziemlich
niedriger Stufe. Sie stecken zumeist tief im Aberglauben, wie
die meisten Völkerschaften Jnnerafiens. Wo die Viehzucht vor-
herrscht, ist ihre Lebensweise eine nomadisierende. Am dichtesten
besiedelt sind die dem indischen Tieflande (Hindostan) zugewendeten
Täler, wo die Bewohner seßhafter sind, aber auch vorwiegend
Ackerbau und Viehzucht treiben. Dasselbe gilt freilich noch von
einigen Hochtälern. Größere Siedlungen sind aber auch hier
nicht gerade zahlreich.
Die Unzugänglichkeit des Gebirges, welche durch die zahl-
reichen, aber schwer zu übersteigenden Pässe nicht beseitigt wird,
förderte die Selbständigkeit einzelner Ländergebiete. So be-
stehen u. a. im östlichen Teile die unabhängigen Staaten Nepal
und Bhutan. Herrlich gelegen ist auch das Hochtal von Kaschmir
im nordwestlichen Teile des Gebirges, das zudem außerordent-
lich fruchtbar ist. Dieses Gebiet, das unter englischer Ober-
Hoheit steht, ist wohl das reizvollste des ganzen Gebirges. Hier
vereinen sich landschaftliche Schönheit und eine hohe Kultur
des Bodens zu seltener Harmonie. Saftige Wiesen wechseln
mit prächtigen Waldungen, üppigen Reis-, Getreide- und
Gemüsefeldern und ausgedehnten Obsthainen, und ein schier
betäubender Duft von Rosen und Jasmin strömt einem allüber-
all entgegen. An den Abhängen gedeiht die Weinrebe. Die
Bewohner stehen hier auch auf einer höheren Kulturstufe. Ein
Gebiet von solcher Anmut hat das Gebirge nicht mehr aufzu-
weisen, wenngleich es noch manch ein liebliches Tal von ähnlicher
Vegetation und Naturschönheit in sich birgt. In Kaschmir wird
eine Ziegenart gezüchtet, deren seidenweiches Haar zur Herstellung
der weltberühmten Kaschmirschals verwendet wird. Auch Teppiche,
Seidenwaren, Rosenöl, Waffen u. a. bilden Erzeugnisse des
regen Handels, dessen Wege vor allem nach Indien führen. In
der Hauptstadt des Landes, Srinagar (100000 Einw.), sind auch
die erwähnten Zweige des Gewerbes vertreten. Sie hat eine
herrliche Umgebung. Im Palast zu Srinagar wohnt der Herrscher
des Landes (der Fürst oder Maharadscha), der seinen Untertanen
gegenüber unumschränkte Gewalt hat, den Engländern aber tribut-
pslichtig ist. Im östlichen Gebiete Kaschmirs ist Leh im oberen