Full text: Handbuch für den Unterricht in der Geographie

15 
stellen, welches die Sonne bedeuten soll. Halten wir den Globus ohne Gestell 
so an den Rand der Tischplatte, daß die Mitte desselben, also der Aeqnator 
ihn berührt und der Nordpol (und also auch der Südpol) gerade senkrecht zu 
demselben steht, dann kann das Licht nur die ihm zugekehrte Seite der nörd- 
lichen Erdhälfte bescheinen. Halten wir ihn aber in derselben Stellung etwas 
entfernt von dem Rande, so erleuchtet es die ganze ihm zugewendete Seite von 
dem Nordpole bis zu dem Südpole, und drehen wir dabei den Globus um 
sich selbst, so kehrt sich dem Lichte, also der Sonne, allmählich jeder Punkt zu. 
Auf den Aequator fallen alsdann die Sonnenstrahlen senkrecht. Aber je weiter¬ 
em Ort nördlich oder südlich von dem Aequator in der Mitte liegt, desto 
schräger fallen sie auf ihn und am allerschrägsten auf die Gegenden nahe den 
Polen. Da die Erde, wie wir wissen, 24 Stunden braucht, um sich einmal 
um sich selbst zu drehen und stets genau eine Hälfte der Erde von der Sonne 
beschienen wird, wie lang müßten dann bei solcher Stellung der Erde überall 
auf ihr Tag und Nacht sein? Wir wissen aber aus Erfahrung, daß dies z. B. 
in unserem Lande nicht der Fall ist. Je mehr der senkrechten Richtung sich 
nähernd die Strahlen der Sonne ans eine Gegend fallen, desto mehr wird diese 
durch sie erwärmt, je schräger, desto weniger, wie wir wissen. Ja, wenn die 
Erde solche Stellung hätte — was nicht der Fall ist — dann müßten die 
Sonnenstrahlen unausgesetzt senkrecht auf den Aequator und ebenso unver- 
änderlich gleichmäßig schräg und schräger auf alle demselben ferner und den 
Polen näher gelegenen Gegenden fallen. Dann würde in der Aequatorial- 
gegend unveränderlich ein glühender Sommer, an den Polen gleich ununter- 
brachen ein ewiger Winter, zwischen der Aequatorialgegend und den beiden 
Polargegenden je nach der Lage stets eine mehr oder weniger gleichmäßige 
Wärme (Temperatur) herrschen. Dann wäre von einem Wechsel der Jahres- 
zeiten, von Sommer nnd Winter, Frühling und Herbst bei uns keine Rede. 
Wir in unserem Lande könnten damit wohl zufrieden sein, denn wir würden 
in der That alsdann einen ewigen Frühling haben. Aber wie manches schöne 
Land der Erde würde dann eine traurige Einöde sein. 
Eine solche Stellung hat jedoch die Erde nicht, sondern die Achse derselben 
steht schräg, nicht in einem Winkel von 90, sondern von 661/a 0 zu der Erd¬ 
bahn. Führen wir nun den Globus in dieser geneigten Stellung und so, daß 
die Achse unverändert dieselbe Richtung behält, den Rand des Tisches entlang, 
dann fallen die Strahlen des Lichtes nur zweimal in entgegengesetzten Punkten 
der Platte auf den Aequator nnd in 2 entgegengesetzten Punkten derselben 
einmal (23°) über, ein anderesmal (231/a °) unter den Aequator, 
und in dem ersten dieser beiden Punkte ist der Nordpol mit dem ihn nmge- 
benden Polarkreise, in dem zweiten ebenso der Südpol erleuchtet. 
Der allbekannte Seminardirektor Stern (f 1873) empfiehlt in seiner vorzüg- 
lichen Erd- und Himmelskunde folgendes Veranschaulichungsmittel. Er schreibt: 
„Man befestige inderMitte einesKreifes ein senkrechtes Stäbchen nndaus demselben 
eine Kugel mit einem Pfeil, der von ihrer Mitte wagrecht ausgeht. Die Kugel 
stelle die Sonne, der Pfeil einen mittleren Strahl derselben dar. Dann be- 
Wege man eine andere um ihre Achse bewegliche Kugel, welche die Erde vor¬ 
stellen soll, in gleicher Höhe mit der ersten, im Umfang des Kreifes herum. 
Man kann sie etwa auf einen von dem senkrechten Stäbchen ausgehenden Arm 
stellen, der sich um jenes drehen läßt. Stellt man die Erde senkrecht, so trifft 
der Sonnenstrahl (der Pfeil) immer senkrecht auf den Gleicher der Erdkugel. 
Wenn die Erde sich so bewegte, so wären Tag und Nacht immer gleich lang 
und es gäbe feine Jahreszeiten. Neigt man aber die Achse uud hält dieselbe 
immer in der nämlichen Richtung, so trifft der Strahl nur zweimal im Gleicher, 
soust nördlich oder südlich von demselben senkrecht auf. Der obere Pol sei der 
Nordpol, der untere der Südpol. Man stelle die Kugel zuerst liuks mit von 
^ich abgewendetem Nordpol. Dann ist kein Pol der Sonne mehr zugewendet 
als der andere; der Strahl trifft den Gleicher senkrecht; bei uns, die wir un- 
gefahr in der Mitte zwischen dem Gleicher und dem Nordpol wohnen, fallen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.