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Teile derselben, welche allenfalls nachgezeichnet werden können. Es ist
bekannt, daß man sich vielfach gegen die Aufnahme einfacher Kunst-
Produkte in den Anschauungsunterricht sträubt, daß man Betrachtungen
über Tische, Stühle, Tafeln, Thüren, Fenster, Ösen, Wagen, Pflug und
Egge, Waffen, Geschirre und Geräte aller Art u. dgl. für viel zu un-
interessant und zu wenig geistbildend für 6—8 jährige Kinder hält. Wir
stellen sie auch den Lebensgebilden und Lebenserscheinungen in der Natur
keineswegs gleich, wie ja die verhältnismäßig spärliche Auswahl derselben
zeigt; allein sie bieten eine große Fülle von Formen dar, die wir bei-
spielsweise im Tierreiche gar nicht und im Pflanzenreiche selten finden;
sie gehören ebenso gut wie diese dem Leben der Menschen und seinen
Bedürfnissen an, sind außerdem Bildungen seiner Hand und darum schon
wichtig für einen guten Lebensunterricht. Können manche dieser Formen
nun in ihren Gründzügen erfaßt und nachgebildet werden, so werden sie
uns für den Unterricht besonders wertvoll. Und kann man mit Thüren
uud Fenstern, mit Kleidern und Schulgeräten, mit Waffen und musika-
lischen Instrumenten, mit Geschirren und Handwerksgeräten aller Art auch
im Unterricht nicht viel mehr „machen" an Bewegungen und Thätig-
keiten als selbst mit zahlreichen Tieren und Pflanzen, die man nur in
Bildern oder höchstens in Modellen vorführen kann? Selbst mit meh-
reren Naturgebilden läßt sich nach dieser Seite im Unterrichte viel mehr
„anfangen", als gewöhnlich versucht wird. Zum Erweise dessen erlauben
wir uns auf die folgenden Lektionen des 1. Schuljahres aufmerksam zu
machen: außer den Vorübungen Nr. 12, 13, 15, 16, 17—20, 34 (das
Ei), 38, 39, 43 (Käfig), 46 und 47, 48, 49 und 50, 51, 52, 54, 63
und 64, 65 und 66 (bezüglich der Thätigkeiten), 85 u. a. Welchen außer-
ordentlichen Gewinn die Sprachbildung aus der Bildung des Formen-
sinn es zieht, werden wir sogleich hören.
II. Sprachliche Grundsätze.
1. Es wird dem einen oder anderen sinnigen Leser aufsallen, daß
wir bisher des Hauptzweckes des ganzen fraglichen Unterrichtes, der
Sprachbildung, noch nicht gedacht haben. Sollten wir die Bedeutung
der Sprachbildung im Anschauungsunterrichte unterschätzen, da wir den-
selben nach realen, der Wirklichkeit entsprechenden Gesichtspunkten an-
geordnet haben? Das sei fern. Wir möchten auch hierin uns der
EntWickelung der Kindesnatur anschließen. Das Kind wächst in einer Um-
gebung äußerst zahlreicher realer Dinge, Erscheinungen und Zustände auf,
die ihm erst im Laufe der Jahre ganz allmählich zum Bewußtsein kommen,
von deren Namen uud sprachlicher Darstellung es die ersten Jahre seines
Lebens nichts und auch zur Zeit, wo es in die Schule tritt, noch sehr
wenig weiß. Die Sprachbildung des Kindes, auch wo sie durch Eltern,
Angehörige und Lehrer frühzeitig eine gute Pflege findet, hält längst nicht
gleichen Schritt mit dem Wachstum feiner Vorstellungswelt; in der
Regel beginnt ihre Pflege erst mit dem Schulunterrichte. Wie außer¬