Full text: [Teil 1 = Sexta, [Schülerband]] (Teil 1 = Sexta, [Schülerband])

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IX. Aus dem Naturleben. 
das Jubeln der Lerche, das Rauschen des vom Eise befreiten Flusses 
zeigen uns die beginnende Herrschaft des Lenzes. Auch die Pflanzen¬ 
welt hat die starren Fesseln des Winters gesprengt; die wärmere 
Sonne, die reichliche Feuchtigkeit haben neues Streben zum Lichte 
in Bäumen und Stauden hervorgebracht, tausend Keime belebt, die 
uns neue, frohe Sommerlust vorbereiten. 
Wie schön ist der Blick von dem hohen Ufer das lange, tiefe Fluß- 
tal hinab! Die großen Bäume, die nahe dem Wasser stehen, sind 
Erlen, auch Ellern genannt. Vor einigen Wochen noch waren sie 
schwarz, jetzt aber schimmern sie rötlich im Sonnenlichte, als freuten 
sie sich, daß nun des langen Winters Qual beendigt sei. Sie blühen. 
Lange Troddelchen schwenken sie im schwachen Winde, und aus einigen 
von ihnen erheben sich gelbliche Staubwolken, klopfe ich mit solch 
einem Blütenkätzchen auf die flache Hand, so entleeren gelbliche, auf 
langen Fäden stehende Beutel eine Schicht Staub. Den nennt man 
Blütenstaub, die ihn bergenden Organe Staubgefäße oder Staubblätter, 
und Blüten, die sie besitzen, männliche. Aus einigen kommt trotz allen 
Klopfens kein Staub heraus. Sie haben schon verstäubt; denn schon in: 
März, wenn noch die Wurzeln der Erlen mit Schnee und Eis bedeckt 
sind, fangen sie an zu blühen. — Noch andere Blüten entdeckt man auf 
der Erle: kleinere zwar, aber noch schönere. Dunkelblutrot leuchten 
sie uns entgegen. Sie stäuben nicht, doch sehen wir zwischen den kleinen 
Schuppen leuchtend rote Fäden hervorlugen. Das sind die klebrigen 
Narben, die auf kugeligen Fruchtknoten sitzen. Fruchtknoten und 
Narben nennt man mit gemeinschaftlichem Namen Stempel, und 
Blüten, die sie beherbergen, weibliche oder Stempelblüten. Wer 
scharfe Augen hat, sieht gelben Staub an den Narben haften, der von 
den männlichen Blüten stammt. Nun sind die Stempel befruchtet, 
d. h. nun können sie sich in Früchte verwandeln. Wir finden auf 
den Erlenbäumen schwarze, holzige Zapfen, die vom vorigen Jahre 
stammen, hart sind und aussehen wie kleine Kiefernzapfen. Zwischen 
ihren Schuppen sitzen noch einige Früchtchen. Die meisten sind schon 
herausgefallen. Es sind dunkelbraune, platte Körnchen, die durch 
heftiges Anblasen, also auch durch stärkere Winde, eine kurze Strecke 
fortgetragen werden. 
Hier stehen auch Haselsträucher, deren blattlose Zweige mit langen, 
gelblichgrauen männlichen Blütenkätzchen geschmückt sind. Die weib¬ 
lichen Blütenstände sind die dickeren unter den Knospen, die sich — wie
	        
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