Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

314 Das ägyptische Reich unter den ersten Ptolemäern. 
barn durch Eingreifen in deren Angelegenheiten störend entgegenzutreten. 
So bildeten die einzelnen Staaten zusammengenommen ein Ganzes, in 
welchem sich das Bedürfniß eines Gleichgewichtes der Theile fühlbar 
machte. Sehr wesentliche Glieder in diesem Ganzen waren die kleine¬ 
ren Mächte, welche zwischen den drei großen gelegen, theils durch glück¬ 
lich behauptete Selbstständigkeit deren Zusammenstößen verhinderten, 
theils dadurch, daß sie Gegenstand der Bemühungen von verschiedenen 
Seiten waren, einen die Ausgleichung der Bildung und Denkweise be¬ 
schleunigenden Verkehr veranlaßten. So lagen die griechischen Staaten 
zwischen Macedonien und Aegypten, die astatischen Fürstenthümer und 
die Freistaaten Byzanz und Heraklea zwischen Macedonien und Syrien, 
der Freistaat Nhodus zwischen Aegypten und Syrien, zwei Neichen, 
zwischen welchen, einem natürlichen Verhältnisse zu Folge, die Länder 
Palästina, Phönicien und Cölesyrien einen Gegenstand fortwährenden 
Streites bildeten. 
XV. 
Das ägyptische Reich unter den ersten Ptolemäern. 
1. Die von Ptolemäus dem Lagiden begonnene Einrichtung des 
ägyptischen Staatswesens setzten sein Sohn Ptolemäus Philadelphus 
und dessen Sohn Ptolemäus Euergetes (247—221 vor Ehr.) fort 
und der Erfolg ihrer Thätigkeit machte das Jahrhundert, welches 
von ihren Negierungen gefüllt wird, für Aegypten zu einem Zeitalter, 
welches man, nach dem äußeren Ansehn beurtheilt, ein goldenes nennen 
kann, wie es das des Perikles für Athen gewesen. Da der Gründer 
des Reiches am frühesten zu einem abgeschlossenen Besttze gelangt war, 
konnte er auch zuerst nach bestimmtem Plane seinem Reiche eine vor- 
theilhafte Stellung geben. Hierdurch durfte er sich von der Theilnahme 
an den auswärtigen Händeln nicht abhalten lassen, da noch lange eine 
Wendung der Kämpfe befürchtet werden konnte, welche seine Selbst¬ 
ständigkeit bedrohte. Sein fortwährendes Eingreifen in die Angelegen¬ 
heiten des zerrissenen Reiches Alexanders ist daher von dem ägyptischen 
Standpunkt aus gefaßt eine nothwendige Ergänzung seiner Regenten- 
thätigkeit, die um so nothwendiger war, als sein feiner, gewandter Sinn 
und das große Glück, mit welchem er die Vortheile seiner Lage aus¬ 
beutete, ihn den übrigen Diadochen zum Gegenstände des Neides und 
der Besorgniß machen mußte. Ein großer Theil seines Gelingens ist 
dem Umstande zuzuschreiben, daß Aegypten unter der persischen Herr¬ 
schaft mit der Macht seiner Priesterschaft auch die Kraft des Wider-
	        
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