Das Minden-Ravensbergische. 13
reinem Handgespmst Seinen fabriziert, nnb die Leinwand hat in
Paris auf der großen Weltausstellnng den Preis davon getragen.
Seit 1647, als der Kurfürst von Brandenburg Herford einnahm
und sich huldigen ließ, gehört die Stadt zu der preußischen Graf-
fchaft Ravensberg nnd jetzt zum Regierungsbezirke Minden.
Die Landschaft nördlich „und westlich von Herford ist eine grüne
Hügelgegend. Fruchtbare Äcker und üppige Wiesen wechseln mit
einander. Hier hat man angefangen, die alten, schönen Wallhecken,
welche die Bauerngüter umschließen, und die Kämpe auszurotten,
um jede Handbreit Land für den Getreidebau zu benutzen. Um
die Wiesen ergiebiger zu machen, überrieselt man sie mit Wasser
uud hat Gräben mit Stauungen angelegt; feuchte Acker legt man
durch Drainröhren trocken. Znm Ansdreschen des Getreides braucht
mau Dreschmaschinen; überhaupt benutzt man die Fortschritte in der
Landwirtschaft. Mancher Meier ^größerer Grundbesitzer) kleidet sich
auch nach Weise der Städter; aber man bleibt doch in der von den
Vätern ererbten Sparsamkeit.
Etwa eine Meile nordwestlich von Herford entfernt, in einer
fruchtbaren Gegend liegt das Städtchen Enger. Auf den ersten
Anblick zeigt es nichts, was es von einem westfälischen Dorfe nnter-
scheidet. Aber es hat eine Berühmtheit erlangt durch die Sagen
ans der Geschichte des alten Sachsenherzoges Wittekind, welche sich an
dasselbe schließen. (Einige derselben sind im 3. Abschnitte unter
B mitgeteilt.) Es steht hier eine alte Kirche. In derselben sollen
Wittekinds Gebeine beigesetzt sein. Hier soll Wieking auch, nachdem
er Christ geworden war, sein Schloß gehabt und residiert haben.
Als Wieking (wie er genannt wird) sich bekehrt hatte, beschloß
er, auszuruhen von den Kriegszügen und sich einen Wohnsitz
zn erwählen. Drei Orte waren ihm besonders lieb, Bünde,
der Werder zu Rehme und Enger. In der Nähe der Stadt
Lübbecke liegt in der Gebirgskette, die weiterhin nach Osten
die Porta-Westfalica bildet, ein Berg, der die Babilonie ge-
nannt wird. Hier hat früher eine Feste Wiekings gestanden, von
der jetzt noch bedentende Wälle zu sehen sind.
In der Babilonie starb der alte Held; von da hat man ihn
nach Enger hingetragen; zn Enger wurde er in der Kirche beige-
setzt und zum Andenken an den König bis auf die neueste Zeit
jährlich die Begräbnisfeier desselben begangen; nach derselben er-
hielten die Schulkinder „Timpen," eigens zur Feier gebackene
Semmeln. Jetzt ist diese Feier eingestellt.
Die nächste Station nach Herford ist das framdliche Biele¬
feld, der Ort, welcher den Hausfrauen gar wohlbekannt ist; denn
Bielefelder Leinwand hat bis nach England und Amerika einen
guten Ruf. Die Stadt liegt sehr hübsch in einem Sattel des
Teutoburger Waldes, da, wo ein kleines Gewässer, die Lutter,
sich durch den Gebirgszug hindurchschlängelt. Durch den Paß, an
welchem Bielefeld liegt, führt die alte Heerstraße ans dem inneren