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bewaffnete nun zwar ein zweites Heer, aber auch dies wurde von Cyrus
geschlagen und der König, der es selbst anführte, gefangen. Als nun
Astyages gefangen saß, trat Harpagus zu ihm, spottete sein und sagte,
das sei der Lohn für jenes grausige Mahl, Knechtschaft statt eines König-
reichs. Astyages aber schalt ihn den einfältigsten und thörichtsten Men¬
schen; den einfältigsten, weil er einem andern die Macht in die Hände
gegeben habe, da er doch selbst hätte König werden können, den thörichtsten,
weil er jenes Mahles wegen die Meder zu Knechten gemacht habe. So
nahm die Herrschaft der Meder ein Ende. Dem Astyages that Cyrus
weiter kein Leides und behielt ihn bei sich bis an seinen Tod.
So die Sage. Tatsächlich gelang es dem Cyrus, nach langen
Kämpfen und unterstützt durch Verrat im medischen Heer, um 550 den
König Astyages gefangen zu nehmen, seine Hauptstadt Ekbatäua zu erobern
und sich zum Herrn von Medien zu macheu. Darauf bezwang er alle
Völker, die ihn nach dem Fall des Astyages noch nicht anerkannten und er-
oberte im Westen seines Reiches das lydische und das babylonische Reich.
Cyrus 'erobert das Reich Lydien. Krösus. Das lydische
Reich hatte sich beim Zusammensturz des assyrischen Reiches gebildet und
umfaßte Kleinasien vom ägäischen Meere bis zum Halys. Zur Zeit des
Cyrus regierte Lydien der wegen feines Reichtums sprichwörtlich gewordene
König Krösus. Auch in seine Geschichte sind wie in die des Cyrus Sagen
eingeflochten, die Herodot gern nacherzählt, weil sie ihm den Beweis für
seine Grundanschauung liefern, daß die Gottheit Übermut und Frevelthat
strafe und das allzugroße Glück der Sterblichen mit ihrem Hasse verfolge.
So erzählt Herodot, wie Krösus in aller seiner Pracht und Herrlichkeit zu
Sardes thronte, wie er von allen damals lebenden weisen Männern
Griechenlands besucht wurde, unter ihnen auch von dem berühmten Solon.
Von diesem hätte er gern das Lob seines hohen Glückes vernommen. Aber
auf seine Frage, wen er für den glücklichsten aller Menschen halte, nannte
Solon den Athener Tellns, dem nach einem glücklichen Leben ein herrliches
Ende zu teil geworden sei, und weiter befragt, setzte er in die zweite Stelle
zwei Jünglinge, Kleöbis und Biton, Söhne einer Priesterin, die einst, da
ihre Mutter in den Tempel gefahren werden mußte, sich statt der aus-
bleibenden Stiere selbst vor den Wagen spannten, und hierauf, da die
Mutter von der Göttin zum Lohne für ihre Kinder erflehte, was den
Menschen das Beste sei, im Tempel entschliefen und nicht wieder erwachten.
Da verhehlte Krösus seinen Unwillen nicht, daß Solon sein Glück nicht
einmal dem des einfachen Bürgers gleich achte, worauf dieser erwiderte, er
könne niemand vor feinem Ende glücklich nennen, denn die Gottheit habe