Zweite Abteilung.
113 Eine Frage.
1. Wer lehrt die Vöglein singen
So süß und mannigfalt,
Und Hirsch' und Rehe springen
Im grünen Buchenwald?
2. Wer heißt die Winde wehen
Bald stürmisch und bald leis.
Die Jahreszeiten gehen
Im wundervollen Kreis?
3. Und wer die Bächlein gleiten
Herab von steiler Höh',
Und stolz die Ströme schreiten
Zur weiten, tiefen See?
4. Wer hat den Tag gezieret
Mit goldnem Sonnenschein?
Und wer am Himmel führet
Die tausend Sternelein,
5. Daß sie gleich guten Kindern
Still gehen ihre Bahn,
Und nicht einander hindern.
Und sich nicht stoßen an?
6. O sag, wer ist der eine,
Der Meister so geschickt,
Der mit so reichem Scheine
Die Bäumlein hat geschmückt?
7. Der hoch am Himmelskreise
Sein Zelt gespannet aus,
Und anch mit treuem Fleiße
Gebaut das Schneckenhaus?
8. Der über Länder zücket
Die Blitze, weiß und blau.
Und dann das Feld erquicket
Mit kühlem, frischem Tau?
9. Den Meister groß und milde,
Den nenne mir geschwind.
Der dich mit seinem Bilde
Geziert, mein liebes Kind;
10. Und der, bist du gegangen
Dem stillen Grabe zu,
Dich jenseits will empfangen
In seiner ew'gen Ruh!
Festkalender von Görres und Pocci.
114. Sonnenaufgang.
1. Kommt, Kinder, wischt die Augen aus, es giebt hier was zu sehen,
und ruft den Vater auch heraus, — die Sonne will aufgehen!
2. Wie ist sie doch in ihrem Lauf so unverzagt und munter,
geht alle Morgen richtig aus und alle Abend unter!
3. Geht immer und scheint weit und breit, in Schweden und in
Schwaben,
dann kalt, dann warm, zu jeder Zeit, wie wir es nötig haben.
4. Von ungefähr kann das nicht sein, das könnt ihr wohl gedenken;
der Wagen da geht nicht allein, ihr müßt ihn ziehn und lenken; —