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geben. Am 3. Dezember ließ sich Robespierre vernehmen; er war ehrlich 
genug, logisch genug, es auszusprechen, daß hier kein Prozeß und keine 
Richter seien, daß es sich um eine Maßregel der öffentlichen Wohlfahrt, 
einen Akt „nationaler Vorsehung" handle; er meinte eine Verdammung ohne 
Urteil, einen politischen Mord, „kraft einer Insurrektion ist er zu richten." 
Man entscheidet, daß der Konvent ihn richten soll, und setzt eine Kommission 
von 21 Mitgliedern nieder. Die Gironde fühlt, wie sich die Schlinge ihr 
selbst um den Hals zu legen beginnt; ihr Gedanke ist, daß über den Spruch 
des Konvents dann das Volk in seinen Urversammlungen befragt werden 
soll. Am 10. berichtete Robert Lindet, und ein anderer Girondist, Bar- 
baroux, verlas am folgenden Tage eine Zusammenstellung der „Verbrechen 
und Verrätereien" des „letzten Königs der Franzosen." Alsdann wurde 
der König aus dem Gefängnis geholt, wo er seit Ansang Oktober jede 
Bitterkeit hatte erleiden müssen. Noch war zu erörtern, in welcher Art der 
Angeklagte zu empfangen sei; diesen Teil der infamen Komödie, die hier 
gespielt wurde, entschied ein großes Wort des Fleischers Legendre: „Erschreckt 
ihn durch die Stille des Grabes," und auch der Präsident war dieses Aktes 
würdig — es war der Provengale Bertrand Barere, unter allen Ver¬ 
worfenen, welche die Revolution aufgerührt hat, wohl der Verworfenste. 
Ludwig trat ein, sein Äußeres zeigte, wie er behandelt wurde. „Ludwig, 
setzen Sie sich," sagte ihm der würdige Präsident. Was Ludwig sagte, traf 
zur Sache, und dann und wann konnte sich selbst diese Versammlung von 
Franzosen einer flüchtigen Rührung nicht völlig erwehren. Die Anklageakte, 
lügenhaft zusammengestellt, war in sich nichtig, und Ludwig wurde es leicht, 
ihre Nichtigkeit vor jedem andern Forum als diesem zu erweisen. Vor der 
Verfassung war er absoluter Herrscher gewesen, also unverantwortlich, nach 
der Verfassung waren seine Minister verantwortlich gewesen, und wenn 
irgendwem, so mußte ihm, selbst wenn man eine Anklage als statthaft setzte, 
die Amnestie von 1791 zu gute kommen, welche allerdings die Anklageakte 
gar nicht berücksichtigt hatte. Noch setzte die Gironde es durch, daß ihm 
Rechtsbeistäude gewährt wurden. Der König nannte zwei bekannte Ad¬ 
vokaten; der eine, Target, lehnte als Republikaner die Übernahme des 
ehrenvollen und freilich auch gefährlichen Auftrags ab; dem anderen, 
Trouchet, gesellte sich der alte Malesherbes, Minister Ludwigs in dessen 
ersten Zeiten, freiwillig bei. Sie nahmen einen jungen Mann, Deseze, zu 
Hilfe; in vierzehn Tagen hatten sie 167 zum Teil sehr umfangreiche Akten¬ 
stücke durchzuarbeiten und leisteten das Menschenmögliche. Die Hauptvertei¬ 
digungsrede, als am 26. Dezember die Verhandlung wieder aufgenommen 
wurde, hielt Deseze. Es wurde einmal au dieser Stelle vor einer in jedem
	        
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