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Drunten in der satten Ebne strecken
unabsehbar sich Kornährenfelder,
ihre Häupter mit den silbergrauen,
sasrigen Erdmännleinsbärten senkend,
träumerisch der Ernt' entgegenreifend.
Durchs Getreide schlängelt sich der Fußpfad.
i
Drüben überm spiegelhellen Flusse
ragt das Ztädtlein, grau und altertümlich;
seine trotz'ge Silhouette zittert
halb verschwommen in der grünen Woge,
schimmernd so in reizender Verdopplung.
Schwalben schwirren, jauchzend schrillen Schreies,
flügelspitzennehend übers Wasser,-
aus der blendend weißen, sand'gen Tiefe
blinken Fischlein, über Kiesel huschend.
In dem regungslosen Gras des Ufers,
rotem Klee und gelben Butterblumen,
liegen mächtige, bleiche Zandsteinblöcke,
Mark und Eingeweide des Gebirges.
Um gewaltigsten der Zandsteinblöcke,
aufgerichtet über Menschengröße,
meißelt, sommerschweißbeglänzter Ztirne,
der gebräunte, männlich-schöne Meister
mit zwei jugendblühenden Gesellen,
vornen an der Brust klafft breit das Hemde,
kühlem Windzug lüftend hingegeben,
und die muskelstarken Urme schwellen
bei des Hammers Zchwung, des Meißels Schlage.
Line Blume bricht aus dem Gesteine,
aus dem bleichen Marke des Gebirges,
ihre stolzen Kelche voll entfaltend
in der warmen Zommermorgensonne,
eine Blüte, bildnerhandgezeitigt,
für die Krönung eines Münsterturmknaufs!
Zcheu, voll Ehrfurcht, ducken sich die bunten
Wiesenblumen vor der majestät'schen
Zteingestalt der riesenhaften Schwester.
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