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zu schaffen, welche vorerst schon einem andern Meister die Arbeit abgejagt
hatten. Nachdem nun der beseitigt war, loderte in ihnen beiden grimmer
Haß und Zorn gegeneinander empor und sie beschlossen einander zu ver¬
derben. Damit es aber niemand ahne, taten beide so, als wären sie sich
überaus geneigt. Darüber verlies etliche Zeit, bis sie eines Tages hinauf¬
steigen mußten, so weit der Turm gebaut war.
Da nun der eine ans Fenster trat und hinaussah, packte ihn der andere
und wollte ihn hinabschleudern. Der erste aber, der ein Gleiches vorgehabt
hatte, hielt sich fest an ihn und riß ihn mit sich hinaus. Also stürzten sie
beide hinab und zerschmetterten sich alle Knochen. Dabei stand der dritte
unten, nicht eine Hand breit entfernt; denn er hatte schier hart am Turm
hinaufgeschaut.
Als das der Rat erfuhr und der Baumeister, so am Leben geblieben
war, erzählte, wie sie ihm mitgespielt hatten, da er ihnen doch nie was Leides
getan, war des Rates Bescheid: Des Werkes weiterer Bau gebühre ihm;
denn gleich wundersam habe Gott die zwei Bösen vernichtet und ihn aus
Todesgefahr errettet. Auch stehe ihm frei in einem Wahrzeichen das Ge¬
schehene zu verewigen.
Drauf sagte der Baumeister: „Das sei ferne von mir! Eher will ich
der argen Tat Spur ganz verwischen!" Drauf war sein erstes, daß er das
Fenster zumauerte. Die Sage aber konnt' er nicht vertilgen.
Franz Trautmann.
33. Schloß Dreistelz.
Unweit des schönen Bades Brückenau erhebt sich ein Berg, der Drei¬
stelz geheißen. Jetzt liegt auf ihm ein Hof, der Dreistelzhof; vordem aber
stand darauf ein prächtiges Schloß und zwar an der Höhe nach Brückenau
zu. In diesem Schlosse wohnten drei stolze Damen und man sagt, daß man
diese Fräulein nur die drei Stolzen genannt habe wegen ihrer absonderlichen
Schönheit sowohl als wegen ihrer großen Pracht und Hoffart; und ihr Haus,
das hieß man das Dreistolzenhaus, daraus später Dreistelz geworden ist.
Diese Fräulein führten ein üppiges Leben, waren aber hart gegen ihre
Untergebenen und karg gegen die Arinen. Eines Tages, als es auf den
Abend zuging, kam ein ariuer Pilger daher und bat um Einlaß, um einen
Imbiß und um Nachtquartier; doch als sein Begehren den drei Fräulein
angesagt wurde, so wurde ihm von seinen drei Bitten weder die eine gewährt
noch die andere, sondern man hieß ihn gehen, und weil er nicht gehen wollte,
hetzten die rohen und ebenfalls harten Diener ihn mit Hunden fort. Da
rührte der Pilger die Hunde au mit seinem Stabe und sie verstummten als¬
bald auf ewig und fielen tot hin. Dann schwang er den Stab gegen das
Schloß und sprach einen erschrecklichen Fluch und sogleich fuhr das ganze
Haus mit allen seinen Bewohnern in den Schoß des Berges hinab und an
seine Stelle trat ein kleiner See.
Noch immer ist am Dreistelz die Stätte zu erschauen, wo das Schloß
gestanden hat, und zu gewissen Tagen und Stunden hören Sonntagskinder