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Eine Wolke des Unmuts flog über des Kaisers Stirne. Ernst sprach
er zu dem eitlen Jüngling: „Bleib! Des Kaisers Adel kann sich wohl mit
deinem messen. Was Kaiserliche Majestät vollbringt, wird auch dir nicht
Unehre machen. Auf dieser Seite ich, auf jener du!" Mit diesen Worten
legte er die kaiserliche Linke an die Leiter, auf der der Maler stand; rasch
griff nun auch der Junker zu. Herr Albrecht stieg sichern Schritts empor
und entwarf die Zeichnung. Bald war er wieder unten.
Nochmals wendete sich der Kaiser zum Pagen und sprach: „Du eitler,
junger Fant! Hättest du diesen Dienst freiwillig geleistet, du hättest dich
selbst geehrt. Der Albrecht Dürer ist in seinem Reiche ein Herr und Fürst,
der nicht mehr seinesgleichen hat. Es schafft mein Kaiserwort, sobald ich
will, aus jedem Untertanen einen Edelmann. Aus hundert stolzen Edel- >
leuten kann ich keinen Dürer schaffen!"
Und zu Dürer sprach er: „Knie nieder!" Bewegt sank der Meister
aufs Knie. Herr Max entblößte das Schwert und sprach: „Leide diesen
Schlag und fürder keinen mehr! Erhebe dich als edler Ritter des heiligen
römischen Reiches! Behalte deinen Namen, den du schon längst geadelt
hast durch deine Kunst; denn keinen würdigeren vermag ich dir zu geben.
Treu ist dein deutsch Gemüt, darum trage auch dein Wappen der Treue
Farbe: himmelblau! Im blauen Felde führe du drei silberblanke Schilde:
Talent, Fleiß und Bescheidenheit!"
Der neue Ritter erhob sich; das Auge war ihm feucht geworden. Im
selben Augenblick begannen die Glocken von den St. Sebaldi- und Lorenzi-
Türmen mit majestätischen Klängen und festliche Musik scholl von der Straße
herauf: der Rat erschien den kaiserlichen Herrn zum Feste zu geleiten.
Theodor Aufsberg.
58. Kurfürst Maximilian I. von Bayern.
Der leitende Grundgedanke des gesamten Lebens und Wirkens Maxi¬
milians war der, in jeder Beziehung näch äußerstem Vermögen seine Pflicht
zu tun. Denselben zu verwirklichen war er sein ganzes Leben hindurch mit
einer Gewissenhaftigkeit, Unermüdlichkeit und Tatkraft und zugleich mit einer
Selbstbeherrschung und Selbstbeschränkung bemüht, welche ihn zu einer unter
den Fürsten seiner und vielleicht aller Zeiten einzig dastehenden Erscheinung
machen.
Durch das ihm immerdar gegenwärtige Pflichtbewußtsein empfing seine
ganze Persönlichkeit das Gepräge ungewöhnlicher Herbheit, Gemessenheit und
Strenge.
Allbekannt ist das beste seiner Bildnisse, welches sich im Stiftersaale
der alten Pinakothek befindet.. Beherrschend sind in demselben die ernsten,
kalten Augen und es ist wie von eisigem Hauche umweht. In seinen Jüng-
lingsjahren glühte noch frisches Feuer in seinen Zügen. Bald wurden sie
jedoch unter dem Einflüsse der Regierungssorgen immer schärfer, ernster und
gehaltener. Schon mit neunundzwanzig Jahren machte er den Eindruck eines
mindestens vierzigjährigen Mannes.
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