Full text: Mittelstufe, Oberabteilung, (3. Klasse der Berliner Gemeindeschule) (Teil 3, [Schülerband])

158 
155. Otto mit dem Pfeile. 
Unter den Markgrafen aus dem anhaltinischen Hause ragte be— 
sonders Otto IV. hervor. Er war ein Dichter und ein Held. In den 
Wäldern, welche den herrlichen Wehrbellinsee umgeben, gab er sich 
gern den Freuden der Jagd hin. Mit Speer und Bogen, mit dem 
Falken auf der Hand stellte er dem flüchtigen Wilde nach. In den 
Jagdschlössern Grimnitz und Wehrbellin, welche sich die Anhaltiner 
an den Ufern des Sees erbaut hatten, trug er im Kreise seiner Gäste, 
tapferer Ritter und edler Frauen, an der Seite seiner schönen Ge— 
mahlin Hedwig seine Lieder vor. 
Trotz seiner Tapferkeit war Otto im Kriege nicht glücklich. Er 
hatte alles darangesetzt, um seinen Bruder Erich auf den erzbischöf— 
lichen Stuhl von Magdeburg zu erheben, und da er seinen Zweck 
nicht erreichte, begann er den Krieg. Mit großer Heereskraft zog 
Otto über die Elbe nach dem Orte Frohse, welcher unweit Magdeburg 
liegt. Da lagerte er sich und sagte in seinem Hochmute, er wollte 
seine Rosse in den Dom zu Magdeburg einstellen. Abends sandte 
er Späher in die Stadt, um auszukundschaften, was die Bürger und 
der Bischof thäten. Die meldeten, es wäre niemand gerüstet, alles 
Volk wäre verzagt. Als der Tag dämmerte, sandte er wieder auf 
Kundschaft aus. Die Boten kamen zurück und sagten, die ganze 
Stadt sei auf den Beinen; denn mit Posaunen und Pfeifen hätte der 
Bischof das Volk zu den Waffen gerufen. Derselbe habe die Fahne 
des heiligen Moritz, des Schutzheiligen der Stadt, entfaltet und die 
Bürger gebeten, ihm zum Kampfe zu folgen. Bald auch zogen die 
Magdeburger aus und griffen die Märker an. Sie errangen einen 
glänzenden Sieg und nahmen den Markgrafen mit vielen seiner Ritter 
gefangen. Im Triumphe führten sie ihn nach ihrer Stadt, legten ihn 
in eiserne Bande und machten eine große Kiste von dicken Bohlen; 
da sperrten sie ihn hinein. Um wieder frei zu werden, sandte der 
Markgraf Botschaft zu seiner Frau. Er befahl ihr, mit seinen 
Mannen zu sprechen und besonders mit dem alten von Buch, der 
seiner Eltern Ratgeber gewesen war, den er aber entlassen hatte. 
Als nun die Markgräfin den Buch befragte, da antwortete dieser: 
„Mein Herr hat mich vertrieben und entlassen aus seinem Rate und 
mir genommen, was ich von seinen Eltern hatte. Mein Rat wird 
ihm doch nicht gefallen.“ Da weinte die Frau, redete ihm zu und 
gelobte ihm, daß ihr Gemahl alles bessern würde. Endlich gab ihr 
von Buch den Rat, daß sie Geld nehme, wieder nach Magdeburg
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.