NAus der Nalur.
1. Frühling.
162. Frühlingsgrün.
1. Nun grünen die Saaten im sonnigen Feld, nun saumen
sich golden die Hecken, smaragden belaubt sich des Waldes
Gezelt, mit Moose die Pelsen sich decken; rings treibet das Grün
und vertreibet das Weiß; kein Fleckchen von Schnee und kbein
Restchen von Eis darf im schattigsten Tal sich verstecken.
2. Nun, Herze, gib selber dem Winter Ade, vergib, was
dieh Trübes betroffen! Was grämt dieh vom vorigen Jahre der
Schnee? Komm, wage doch einmal zu hoffen! Luft, Wasser
und Erde verjüngt sieh vor Lust, knöpf' auf denn, o Mensch, die
verkümmerte Brust, lab ein Pförtehen der Freude noch offen!
3. O Himmel, zu kühl ist dein heiliges Blau, dein Gold mir
zu blendend, o Sonne! Schön mischt sich mir beides auf grũ-—
nender Au und lockt mich zu irdischer Wonne; dem Auge gesund
ist der grüne Smaragd, so sei auch dem Herzen ein Trunk nicht
versagt aus des Lebens verrauschendem Borne.
4. So laß mieh, mein Hirte, auf grünenden Au'n ein Weilehen
hienieden noch weiden! Und gilt's nicht auf ewig hier Hütten zu
bau'n, gern schick ich mich endlich zum Scheiden; und legt man
mich unter die Erde hinab, dann soll sich zum Zeichen der
Hoffnung mein Grab mit grünendem Rasen bekleiden.
Rarl Gerok.
163. Der Gesang der Vögel.
Ist es uns vergönnt, im ersten Frühlinge nach kaum verschwundenem
Schnee den Schmutz des Straßenpflasters zu verlassen und hinauszutreten
in die frische, milde Luft der freien Natur, so umtönt uns auf Flur und
Feld wie Himmelsmusik das herzerhebende Lied der unscheinbaren Lerche.
Von der Höhe herab, in der unser Auge die Sängerin kaum noch als ein
zitterndes Pünktchen wahrnimmt, beherrschen klar und rein die herrlichen
Töne ihrer kleinen Kehle die weit ausgebreitete stille Flur. Wie gebannt
horchen wir ihrem Liede; da erhebt sich singend eine zweite ganz nahe bei
uns, um bald zur Wolkenhöhe trillernd und flatternd emporzusteigen, bald
wirbelt eine dritte, vierte empor, die ganze Luft ist voll Gesang; eine neue