Die Ungarn selbst wurden allmählich seßhaft und so für die Aufnahme des
Christentums empfänglich. Seine Ausbreitung ließ sich besonders ihr König
Stephan der Heilige (um das Jahr JOOO) angelegen sein; er erhielt vom
Papste den Titel „Apostolische Majestät". ■ , .
e) Der zweite Zug nach Jtalieik. Otto wird römischer Kaiser.
Berengar wollte nicht länger der Lehnsmann des deutschen Königs sein
und strebte offen nach der Herrschaft über ganz Italien. Als er
seine Hand sogar nach Rom ausstreckte, ries der P^'st Johann XII.
die Deutschen zu Hilfe-. Otto zog über den Brenner und besetzte ohne
Widerstand Pavia. Dan» begab er sich nach Rom. Am 2. Februar üii
962 empfing er mit seiner Gemahlin Adelheid in St. Peter
die Kaiserkrone.
Diese Erneuerung der abendländischen Kaiser würde, welche
seit Karl dein Großen deutschen, französischen und italienischen Fürsten verliehen
worden war und dann eine Zeitlang ganz geruht hatte, ist ein Ereignis von
der größten Bedeutung. Es war die Geburtsstunde des heiligen römischen
Reiches deutscher Nation. Von nun an hielten es die deutschen Könige
für ihre Ehrenpflicht, die Kaiserkrone zn erwerben. Nur deutsche Könige,
doch nicht alle, sind seitdem zn römischen Kaisern gekrönt worden'. Schwere
Opfer hat die Behauptung der Kaiserkrone und die Verbindung Deutschlands
mit Italien unserem Volke auferlegt. Kämpfe aller Art sind daraus hervor¬
gegangen ; aber auch manche Förderung ans dem Gebiete des Handels und der
Gewerbe, der Wissenschaften uub Künste hat die enge Beziehung der
beiden Länder zur Folge gehabt. Vvr allem aber sind in diesen gewaltigen
Kämpfen gegen die Welschen die zerspalteneu Stämme unseres Volkes zum hellen
Bewußtsein ihrer Gemei n s chast erzogen worden. Erst in diesen Kämpfen
wurde der Gesamtnanie der Deutschen für unsere Nation allgemein Üblich (vgl.
S. 5). „Kaiser und Reich" verschmolzen zn einem Begriff.
Schon bald trübte sich bas Verhältnis zwischen bcn beiden Häuptern
bcr Christenheit, weil sie sich über ihre gegenseitigen Rechte nicht einigen
konnten. Als bn>r Otto den Krieg gegen Berengar fortsetzte, verband
sich bcr Papst mit ben Feinden bes Kaisers. Dieser rückte nun in Rom
ein unb nahm ben Römern ben Eib ab, in Zukunft keinen Papst ohne
feine Zustimmung zu wählen. Dann ließ er Johann XII. burch
eine Synobe absetzen unb einen andern Papst an seiner Stelle erheben.
Auch Berengar gab seinen Wiberstanb auf; er wurde gefangen nach
Deutschland abgeführt (9(>4).
1 Die Krönung wurde gewöhnlich in Rom durch den Papst vollzogen. Der
letzte in Rom gekrönte König war Friedrich III. (reg. 1440—1493). Dessen Sohn
Maximilian I. nahm den Titel „Erwählter römischer Kaiser" an, den seine
Nachfolger bis zum Ende de« alten Deutschen Reiches (1800) geführt haben. Nur
ein Kaiser, Karl V. (reg. 1519—1556), ist nach Maximilian vom Papste, und
<Stonr in Bologna, gekrönt worden.