Preußens Erniedrigung und Wiedergeburt. 59
mehrere seiner schönsten Länder. Baiern und Würtemberg wurden zu Königreichen
erhoben. Napoleon stellte sich als Beschützer an die Spitze des Rheinbundes, den
16 deutsche Fürsten miteinander schlossen, und Kaiser Franz legte hierauf die deutsche
Kaiserkrone nieder und nannte sich von nun ab Franz I. Kaiser von Oester¬
reich. So endete das römisch-deutsche Reich nach tausendjährigem Bestehen.
51. Wrerchens Erniedrigung und Wiedergeöurl.
1. Preußens Erniedrigung. Friedrich Wilhem III., 1797—1840, der
Sohn Koma Friedrich Wilhelms II., war ein einfacher, sparsamer, gewissenhafter
und gerechter Regent. Um seinem Lande den Frieden zu erhalten, hatte er an
den Kämpfen gegen Napoleon bisher keinen Anteil genommen. Aber dieser ver¬
letzte den friedfertigen König durch feine Gewaltthätigkeiten fo sehr, daß er dem
Kampfe nicht länger ausweichen konnte. Preußen erklärte an Frankreich den
Krieg. Napoleon war längst darauf vorbereitet; rasch drang er bis in das Herz
Deutschlands, schlug die preußische Vorhut unter dem Prinzen Louis Ferdi¬
nand bei Saalfeld, wobei dieser den Heldentod starb, und kurz darauf,
14. Oktober 1806, das preußische Hauptheer in der unglückseligen Doppelschlacht
bei Jena und Anerstädt. Noch schmählicher als die Niederlage der Armeen
war das, was darauf folgte. Im Siegesfluge durcheilte Napoleon das Land
und vernichtete die zersprengten Hausen. Am 27. zog er in Berlin ein. Der
Schrecken über das Unglück war so groß, daß die meisten preußischen Festungen
sich den Franzosen ohne Verteidigung ergaben. Doch gab es auch rühmliche
Ausnahmen; ganz besonderen Ruhm erwarben sich die Festungen Kolb erg
und Graudenz; jenes wurde von Gneisenau, Schill und Nettelbeck, dieses
durch Courbiere verteidigt. Als die Franzosen dem alten Courbisre sagen
ließen, er solle sich ergeben, es gäbe keinen König von Preußen mehr, da er¬
widerte er: „Nun, so bin ich König von Graudenz und werde mich zu verteidigen
wissen." „Der alte Courbisre" von Hesekiel. Friedrich Wilhelm HI. und seine
hochherzige Gemahlin, die edle Königin Luise, flohen nach Königsberg.
Unterdessen kamen die Russen zu Hilfe. Noch zweimal wurde gekämpft bei
preußisch Eilau und Friedland; dann diktierte Napoleon zu Tilsit den
Frieden. Preußen verlor alle Länder westlich der Elbe, außerdem fast alle ehe¬
mals polnischen Besitzungen, mußte 30 Millionen Thaler Kriegskosten bezahlen
und durfte nur noch eine Armee von 42,000 Mann hatten.
2. Befreiungsversnctie. Napoleon raubte und verschenkte Länder und
Kronen. Spanien und Holland gab er seinen Brüdern Josef und Ludwig, Neapel
seinem Schwager. Hierüber empört griff Kaiser Franz 1809 zu den Waffen.
Zwar siegte er bei Aspern, wurde jedoch hierauf bei Wagram wieder ge¬
schlagen und verlor abermals ganz bedeutende Länderstrecken; ja er mußte sogar
dem Sieger seine Tochter zur Gemahlin, geben. — Unterdessen hatten auch die
Tvroler tapfer gekämpft; ihre Führer waren Andreas Hofer und Josef
Speckbacher. Doch auch sie erlagen der Uebennacht. Speckbacher floh; Andreas
Hoser wurde durch Verrat gefangen genommen und zu Mantua erschossen.
„Andreas Hofer" von Mosen. — Im Norden zog Major Schill zum Kampfe
aus. Nach mehreren ruhmreichen Gefechten wurde er in die Festung Stralsund
zurückgedrängt. Die Cchill'schen fochten den Kampf der Verzweiflung. Schill
fand den Tod; 11 Offiziere wurden zu Wesel erschossen; die Gemeinen mußten
ihr Beginnen auf der Galeere büßen. „Ferdinand Schill" von Arndt. „Die
Opfer zu Wesel" von Schmidt. — Ebenso mißlang ein Aufstandsversuch des
Obersten von Dörnberg. Der heldenmütige Herzog Wilhelm von Braun¬
schweig schlug sich mit seiner „schwarzen Schaar" durch feindliche Hausen bis
zur Nordsee durch, wo er sich nach England einschiffte.
3. PreutzeilS Wiedergeburt. Noch hatte Preußen nicht an dem Freiheits- :
kämpfe Oesterreichs teilnehmen können. Es litt noch zu sehr an den Folgen
des verheerenden Kriegs. Aber im Innern vollzog sich ein gewaltiger Umschwung.