fullscreen: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

24 
Beide reden tief gebückt 
vor des Tierbeherrschers Throne, 
der mit einem edlen Hohne 
auf das Paar hinunterblickt. 
Endlich sprach die Majestät 
zu dem Esel und dem Farren: 
Ihr seid alle beide Narren! 
Jeder gafft ihn an und geht. 
15. Der gerettete Jüngling. 
Gerder.) 
Eine schöne Menschenseele finden 
ist Gewinn; ein schönerer Gewinn ist, 
sie erhalten, und der schönst' und 
schwerste, 
sie, die schon verloren war, zu retten 
Sankt Johannes, aus dem öden 
Patmos*) 
wiederkehrend, war, was er gewesen, 
seiner Herden Hirt. Er ordnet' ihnen 
Wächter, auf ihr Innerstes aufmerksam. 
Als Johannes in die Gegend wieder 
kam, die erste Frage an ihren Bischof 
war: „Wo ist mein Sohn?“ Er ist ge⸗ 
storben, 
sprach der Greis und schlug die Augen 
nieder. 
10 
„Wann und wie?“ — Er ist Gott ab⸗— 
gestorben, 
ist, mit Thränen sag' ich es, ein Räuber. 
„Dieses Jünglings Seele,“ sprach Jo— 
hannes, 
„fordr' ich einst von dir! Jedoch, wo ist 
er?“ — 
Auf dem Berge dort! „Ich muß ihn 
sehen!“ 
Und Johannes, kaum dem Walde nahend, 
ward ergriffen; eben dieses wollt' er. 
„Führet,“ sprach er, „mich zu eurem 
Führer.“ 
Vor ihn trat er. Und der schöne Jüngling 
wandte sich; er konnte diesen Anblick 
nicht ertragen. „Fliehe nicht, o Jüngling, 
nicht, o Sohn, den waffenlosen Vater, 
einen Greis. Ich habe dich gelobet 
meinem Herrn und muß für dich ant— 
worten. 
Gerne geb' ich, willst du es, mein Leben 
für dich hin; nur dich fortan verlassen 
kann ich nicht! Ich habe dir vertrauet, 
dich mit meiner Seele Gott verpfändet.“ 
Weinend schlang der Jüngling seine 
Arme 
um den Greis, bedeckete sein Antlitz 
stumm und starr; dann stürzte, statt der 
Antwort, 
aus den Augen ihm ein Strom von 
Thrãänen. 
15 
In der Menge sah er einen schönen 
Jüngling; fröhliche Gesundheit glänzte 
vom Gesicht ihm, und aus seinen Augen 
20 sprach die liebevollste Feuerseele. 
„Diesen Jüngling,“ sprach er zu dem 
Bischof, 
„nimm in deine Hut! Mit deiner Treue 
stehst du mir für ihn! Hierüber zeuge 
25 mir und dir vor Christo die Gemeine.“ 
Und der Bischof nahm den Jüngling 
zu sich, 
unterwies ihn, sah die schönsten Früchte 
in ihm blühn, und weil er ihm vertraute, 
30 ließ er nach von seiner strengen Aufsicht. 
Und die Freiheit war ein Netz des 
Jünglings. 
Angelockt von süßen Schmeicheleien, 
ward er müßig, kostete die Wollust, 
dann den Reiz des fröhlichen Betruges, 
dann der Herrschaft Reiz. Er sammelt' 
um sich 
seine Spielgesellen, und mit ihnen 
zog er in den Wald, ein Haupt der 
Räuber. 
35 
Patmos Palmosa) ist eine Insel in der Nähe Kleinasiens, auf welche der 
Evangelist und Apostel Johannes verbaunt gewesen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.