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Das Gerichtswesen.
galt lange für etwas Ungesetzliches, mit Recht, da diese Burgen nur
zn häufig zu Ausfallspunkten für Räubereien und andere Gewalt¬
thätigkeiten benutzt wurden.
G,_aS Gerichtswesen bestand im deutscheu Reiche in der Weise
fort, wie Karl der Große es organisiert hatte — mit Grafen und
ihren Stellvertretern als Vorsitzern, mit Schöffen als Rechtsprechendeu.
Die von letzteren gefällten Sprüche,fog. Keistümer, dienten als ^Nor¬
men für spätere Entscheidungen. Unter den Beweismitteln in Strafsachen
trat (so weit namentlich Ankläger und Beklagter Leute von Staude
waren), der Zweikampf, als eine Art von Gottesurteil, mehr und
mehr in den Vordergrund. Immer häufiger geschah es auch, das;
die Beteiligten derartige Sachen, ohne Anrufung der Gerichte, auf
eigene Hand abmachten. Gegen bicfe Art von Selbsthilfe, unter
welcher bie öffentliche Rechtsordnung litt, ergingen wiederholte Ver¬
bote. Die Verkündigung von fog. „Land- oder Gottesfrieden" batte
den Zweck, solchen Privatfehden vorzubeugen.
Von dem Grafengerichte konnte an bas Gericht bes Pfalzgrafen
Berufung eingelegt ober, wie ber gesetzliche Ausdruck lautete, das Ur¬
teil konnte „gescholten" werden. Auch die Pfalzgrafen (deren es
vier nach den vier Stämmen gab) richteten unter Zuziehung von
Schöffen. Vor ihnen nahmen auch in der Regel die größeren Vasallen
Recht, bie sich vor bem gewöhnlichen Grafengericht nicht stellen
mochten. Die Schöffen waren bann jedenfalls auch Vasallen. In
solchen Fällen präsidierten nicht selten bic Könige selbst. Auch ber
beutsche König staub keineswegs über betn Gesetz, konnte vielmehr be¬
langt werben, unb zwar vor dem Pfalzgrafen bei Rhein.
Gegen Ende bic)er Pcriobe erlosch bas Pfalzgrafenamt (nur bie
Pfalzgrafschaft bei Rhein blieb bestehen; sie trat gewissermaßen an
bie Stelle bes ehemaligen Herzogtums Franken); statt bessert ward,
auf einem Reichstag zu Mainz im Jahre 1235, die Errichtung
eine» Hofgerichts beschlossen.
Zehntes Kapitel.
Das Gerichtswesen