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Nachdem die Kinder angegeben haben, wie die genannten Festtage
bei uns gefeiert werden, wird folgender Stoff erarbeitet.
1. Der Sonntag im elsäfxischen Dorfe.
Am Sonntag trifft man nachmittags in einem elsäßischen Dorfe die
Bevölkerung in Gruppen beisammen. Die Alten sitzen beim Schoppen,
trinken den Wein der eigenen Feldmark, das helle, selbstgebraute Bier,
sprechen „vom Prüß und vom Schwobe" und verabreden wohl auch eine
Verlobung. Währenddem schieben die Burschen, die kurze Pfeife im
Munde, mit der kurzen Jacke bekleidet, unverdrossen die großen, ungefügen
Kegeln nach den weitauseiuanderstehenden Kegeln. Die Mädchen aber
gehen Arm in Arm in langer Reihe auf der Dorfgasse auf und nieder
singend nnd plaudernd.
2. Das Johannisfest im elsäßischen Dorfe.
Am Abend des Johannistages werden Feuer angezündet, durch welche
die Knaben hindurchspringen. Auf den benachbarten Höhen kommt man
zusammen und schleudert brennende, aus harzigem Holze geschnittene
Scheiben in die Luft. Wie Raketen stiegen „Schiwälä" (Scheibchen,
denen man mit Stäbchen einen besonderen Schwung zu geben versteht)
durch die Nacht.
3. Hochzeit im elsäßischen Dorfe.
Schon 8 oder 14 Tage vor der Hochzeit werden die Gäste vom
Bräutigam uud dem Brautführer eingeladen. Der Hut des letzteren ist
mit Bändern, Rosmarin und künstlichen Blumen geschmückt, und auch an
der Reitpeitsche und dem Zaum der Pferde sind bunte Bänder zu be-
merken. Vor jedem Hause eiuer Familie, die eingeladen wird, erdröhnt
ein Pistolenschuß. Die Einladungsformel wird von dem Brautführer in
Reimen hergesagt. Am Morgen des sorgfältig ausgewählten Trautages
erscheinen der Brautführer und eine der Brautjungfern vor der Wohnung
des Pfarrers, melden sich mit einem Pistolenschuß an und überbringen
dem geistlichen Herrn eine Flasche Wein, die „Brautsuppe" (wobei ein
gewaltiges Stück Rindfleisch die Hauptrolle spielt), sowie ein Schnupstuch,
aus welchem ein Stengel Rosmarin herausragt. Bei der Hochzeit trügt
die Braut ein aus Flittergold verfertigtes Häubchen, das, auf dem Wirbel
sitzend, einer goldenen Krone gleichsieht. Ein rotes seidenes Band wallt
weit über ihren Rücken hinab. Im übrigen gehen Bräutigam und Braut
in schwarzer Abendmahlskleidung. Der Bräutigam schreitet im Zuge an
der Seite des Pfarrers, die Braut an der des Brautführers; die Tauf-
paten, welche im Elsaß sehr hoch gehalten werden, folgen gleich hinter
den Eltern des Brautpaares. Junge Burschen, die auf dem Kirchhofe
mit ihren Flinten und Pistolen bereitstehen, geben bei der Ankunft des
Zuges einige Salven. Auch in dem Augenblicke, wo der Bräutigam der
Braut vor dem Altare den Ring ansteckt und der Geistliche seinen Segen