Full text: Die vorchristliche Zeit (Bd. 1)

Die Auslösung des macedonisch-persischen Reiches. 313 
Doch die Wegräumung von Schranken, wodurch die Völker schroff ge¬ 
sondert gewesen waren und der Hindernisse, die bei ihnen dem Verständ¬ 
nisse der Wahrheit entgegengestanden hatten, brachte noch keine Eini¬ 
gung, da an die Stelle der vielen trennenden Ziele das Heidenthum aus 
eigenen Kräften kein neues einigendes setzen konnte. Daher mußte die¬ 
selbe äußere Ordnung, welche durch jenes negative Ergebniß der Er¬ 
hebung der Menschheit vorgearbeitet hatte, sich auflösen, damit sie nicht 
dem Heidenthum zur Stütze bliebe. Daß in den hellenistischen Neichen 
das Heidenthum mittelst einer Ausgleichung der Besonderheiten den Rest 
seiner Bahn durchlief, dazu haben im Gebiete des äußeren Lebens zwei 
in der Geschichte neue Erscheinungen, die Monarchie und das Staaten¬ 
system, beigetragen. Die Monarchie der hellenistischen Reiche verwirk¬ 
lichte das, was die jüngere Tyrannis versucht hatte, die Gestaltung des 
Staatswesens nach den dem Staatswesen überhaupt zu Grunde liegen¬ 
den Gedanken und ohne Abhängigkeit von den aus langer Vergangen¬ 
heit herstammenden, vielfach abgestuften und örtlich verschiedenen Rechten 
der Menschen. Die Errichtung derselben auf fremdem Gebiete, wo keine 
alte Einrichtung vollen Anspruch auf Beachtung zu haben schien, wo 
das ächt Einheimische zum Theil schon durch frühere Eroberer vernichtet 
war, wo dem Herrscher außer den Kriegern nur solche Griechen, die 
aus aller politischen Gemeinschaft bereits ausgetreten waren, zur Um> 
gebung dienten, gab ihm eine Stärke, vor welcher ein in engeren Krei¬ 
sen nach besonderen Grundsätzen geordnetes Leben weder aufkommen 
noch bestehen konnte. Der Gedanke eines nicht erwachsenen, sondern 
mit Berechnung und Plan geschaffenen und geleiteten Staates, ein Ge¬ 
danke, der die Monarchie nothwendig fordert, wurde so geläufig, daß 
auch griechischen Gemüthern, zumal die Fremde ihnen den politischen 
Theil des Griechenthums abgestreift hatte, diese Form als die naturge¬ 
mäße erscheinen mußte. Daß aber der Hellenismus auch in den ge¬ 
sonderten Neichen seine Allgemeinheit nicht verlor, wurde durch eine 
Wechselbeziehung bewirkt, die nicht bloß das Ergebniß eines durch Han¬ 
delszwecke und Bildungsbedürfniß entwickelten Verkehrs war, sondern 
auch ihrerseits unter dem Einflüsse berechneter Absichten stand. Die 
Macht der neuen Fürsten ruhte in allen Neichen so sehr aus denselben 
Grundlagen, daß Wechselwirkungen nicht ausbleiben konnten. Dazu 
kam, daß der Gedanke der ehemaligen Reichseiuheit lange nachwirkte 
und gerade durch die Gemeinsamkeit der in den weiten Ländern ver¬ 
breiteten hellenistischen Bildung wach erhalten wurde. Mt diesem Ge¬ 
danken erhielt sich nämlich auch der stete Argwohn der Herrscher gegen 
einander und eine Folge davon war das Bestreben, theils durch Bünd¬ 
nisse und Familienverbindungen einen sicheren Besitzstand zu schaffen, 
theils einem der eignen Sicherheit Gefahr drohenden Erstarken der Rach¬
	        
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