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59. Einzug des Königs in Berlin.
In Berlin hatte man die glänzendsten Anstalten zum Em¬
pfange des Königs getroffen. Auf dem Brandenburger Thore
prangte wieder der herrliche Siegeswagen, den Napoleon einst nach
Paris hatte bringen lassen, und den man sich von dorther wieder¬
geholt hatte. Der ganze Weg unter den Linden vom Branden¬
burger Thore bis zum Schlosse war mit Laubgewinden und Krän¬
zen geschmückt. Am 7. August hielt der König, umgeben von sei¬
nen ruhmgekrönten Feldherren, unter dem Läuten der Glocken sei¬
nen feierlichen Einzug durch das Brandenburger Thor. Der Jubel
des Volks war unermeßlich. Aller Augen waren besonders auf
den Vater Blücher gerichtet. Langsam ging der Zug bis zum
Lustgarten vor dem Schlosse. Hier war auf einer Erhöhung ein
Altar errichtet, neben welchem die sämmtlichen Geistlichen Berlins
standen. In weiten Kreisen waren die Truppen aufgestellt. Als
der König mit seinem Gefolge erschien, verstummten die Glocken,
und von heiligem Dankgefühl gegen Gott ergriffen, stimmte die
ganze Versammlung unter Posaunenschall das Lied an: „Sei Lob
und Ehr' dem höchsten Gut." Darauf hielt der Feldprobst die
Siegespredigt, und als er am Schluß mit erhobenen Händen das
Dankgebet sprach, da fiel der König nieder auf seine Kniee, und
alle Prinzen, Generale und Soldaten mit ihm, bis der Diener
des Herrn „Amen! Amen!" rief. Mit dem Lobgesange: „Herr
Gott, Dich loben wir", der von dem Läuten der Glocken und dem
Donner der Geschütze begleitet wurde, schloß die herrliche, vater¬
ländische Feier.
60. Belle Alliance.
(Der 18. Juni 1815.)
Unerwartet verließ Napoleon Elba und landete auf franzö¬
sischem Boden. Ueberall wurde er mit Jubel aufgenommen; seine
Feldherren eilten unter seine Fahnen; am 2O. März 1815 zog er
in Paris ein. Da mußten die Fürsten Europas von Neuem zu
den Waffen greifen. Wieder übernahm der nun dreiundsiebenzig-
jährige Blücher den Oberbefehl über die Preußen. Er stand in
Holland. Eben da hatten auch die Engländer unter Wellington
ihre Stellung genommen. — Napoleon brach mit einem glänzen¬
den und kampfgeübten Heere gegen beide Feldherren auf. Zuerst
griff er am 16. Juni Blücher bei Ligny an. So tapfer und hel-
denmüthig die Preußen auch kämpften, so mußten sie doch das
Feld räumen. Wenig fehlte, so wäre Blücher selbst gefangen oder
getödtet worden. Sein Pferd wurde durch einen Schuß in den
Leib verwundet. „Nostitz, nun bin ich verloren!" rief der greise
Feldherr seinem Adjutanten zu, und in dem Augenblick stürzte das
Pferd zusammen; mit ihm Blücher. Halb unter dem Pferde lag