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ziehen soll, erfordern so viel, daß es unmöglich, ja unmöglich ist, 
als Intendant *) des Jahres mit zweitausend Thalern auszukom¬ 
men ... Ich wette, Johann, du würdest auch Bob, oder wohl 
gar Herr von Bob werden, wenn du erst ein paar Jahr Thor¬ 
schreiber gewesen wärest." 
„Das käme auf die Probe an, Herr Kriegsrath. Indessen 
ist es doch so gut als eine gestempelte Wahrheit, daß, wenn die 
Frau Visitatorin ein schwarzes Mäntelchen trägt, meine künftige 
Frau als Thorschreiberin doch wenigstens eines von Seide ha¬ 
ben müsse." 
„Just so philosophirte Bob auch. Weißt du aber auch 
wohl, was er sagte, als er im Zuchthause von seiner Hände Ar¬ 
beit leben mußte? Bin ich nicht ein erzdummer Narr gewesen, 
sagte er, daß ich mir grade die größten Narren zu Mustern ge¬ 
wählt habe! Ich dächte also, mein lieber Johann, wenn die Frau 
Visitatorin -) kollerte, so müßte die Frau Thorschreiberin dermaleinst 
Verstand genug besitzen, sich nach ihrer Decke zu strecken. Du 
thust aber wohl am besten, daß du das Heirathen noch eine Zeit¬ 
lang aufschiebst. Denn wirklich, die Weiber sind es oft, welche 
die Männer in's Zuchthaus bringen; und du könntest ohne das 
leicht dahin kommen, wenn du die Augen so oft verschlössest." 
„Ach, Herr Kriegsrath, das hat gute Wege. Wem der König 
ein Amt giebt, dem giebt er auch zu leben; dies erfordert die 
Billigkeit, die Gerechtigkeit und, was das Vornehmste ist, sein 
eigenes Interesse. Denn wer nicht gut lohnt, wird auch nicht 
gut bedient." 
„Nun kein Wort mehr, ich mag das Gewäsche gar nicht 
mehr hören. Dein Bruder ist Küster, und zieht dreimal in der 
Woche an der Glocke. Er hat also ein Amt; und nun soll ihn 
das Amt auch ernähren? Das wäre eine erschreckliche Sache. 
Wenn Bediente, die alle Stunden des Tages und noch manche 
des Nachts ihrem Herrn aufopfern müssen, von ihrem Herrn 
fordern, daß er ihnen nach dem Stande, worein er sie setzt, zu 
leben gebe, so ist ihre Forderung gerecht. Allein daß der Mann, 
der ihm alle Monat ein Paar Schuhe macht, sogleich von diesen 
zwölf Paar Schuhen leben will, das ist unerträglich." 
„Hören Sie, Herr Kriegsrath, mein voriger Herr, ein Bür¬ 
germeister, sprach ebenso. Wovon, sagte er zu dem vorigen Prä¬ 
sidenten, muß ich, müssen so viele Rathsherren leben? Wir sind 
nicht, gleich so vielen besoldeten Dienern, dem gemeinen Wesen 
in die Fütterung gegeben. Nein, die Bürgerschaften haben von 
jeher ganz andere Grundsätze gehabt. Sie wählen bemittelte 
') Oberaufseher. 
*) Visitator, Durchsucher, Besichtiger.
	        
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