Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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wohnt in seinem Leben nicht wieder in einem so gesunden Hause, wie einst 
in der Kaferne. Aber das alles ist's nicht, was den deutschen Soldaten an 
seine Kaserne fesselt, sondern die Gründe liegen tiefer: Wenn du nach Jahren 
wieder vor dem Schulhause stehst,. worin du als Knabe den Unterricht ge— 
nossen, dann betrachtest du das Haus mit dankbaren Blicken, weil du hinter 
diesen Mauern das gelernt hast, was dich nachher zu einem brauchbaren und 
verständigen Manne gemacht hat. Nicht anders ist es mit der Kaserne. 
Sie ist das Schulhaus für die Männer, worin sie unter der eisernen 
Disziplin zu starken, an Leib und Seele gesunden Kriegern ausgebildet 
werden sollen. Wißt ihr noch, Kameraden, wie euch zum erstenmal beim 
Betreten der Kaserne als Rekruten ein etwas beklommenes Gefühl beschlich, 
weil ihr ahntet: hier, in dieser meiner Kaserne, tritt nun die Mannszucht 
an mich heran; hier sollst du deinen Eltern und deinem Vaterlande Ehre 
machen, hier sollst du deinem Gott den von dir geschworenen Fahneneid 
halten! Ja, manchen Schweißtropfen hat seitdem die Kaserne von euren 
Stirnen rollen sehen; manchen inneren Kampf gegen die Schwäche des 
Willens und eures Fleisches sahen die Steine ihrer Mauern, aber eure 
Vorgesetzten sahen dies alles auch und waren mit euch zufrieden, und was 
das wichtigste dabei ist, der allmächtige Gott, der mit seinen Augen in alle 
Kaserneustüben und Winkel sehen kann, hat's auch beobachtet und euch dafür 
das ruhige Gewissen nach getäner Pflichterfüllung geschenkt. Und wenn ihr, 
Kameraden, in der Kaserne beim Dienst, bei der Instruktion, im Verkehr 
mit euren Vorgesetzten und Kameraden das meiste und beste gelernt habt, 
wenn ihr eine Menge neuer Kenntnisse hinzu erwarbt, die ihr im späteren 
Leben verwerten könnt, wenn ihr gelernt habt, euch zu benehmen und vor 
allem euch selber zu bezwingen, dann habt ihr auch das Haus lieb, worin 
euch solches alles zuteill geworden. Mancher verweichlichte junge Mann 
verdankt den zwei Jahren in der Kaserne seine ganze glückliche Zukunft, 
weil er hier zu einem festen und zuverlässigen Charakter wurde. Was wäre 
unsere große deutsche Armee ohne die eigenartigen Einrichtungen unserer 
Kasernen? Man kann wohl sagen: in unseren Kasernen liegt das Ge— 
heimnis unserer Kraft; denn hier wird vor allem der Geist gepflegt, der 
uns Deutsche groß und einig gemacht hat, der Geist der Disziplin, die 
stramme Pflichterfüllung und die treue Kameradschaft. Hier in unseren 
Kasernen sind die Männer erzogen, die in den drei letzten großen Kriegen 
unfer einiges Vaterland und unseren Kaiserthron aufgebaut haben. Noch 
lebt derselbe Geist in unseren Kasernen, und das wird sich auch in allen 
anderen Kriegen hier oder draußen im Auslande zeigen! 
Aber so sehr auch das Leben in der Kaserne an den Soldaten die 
höchsten Anforderungen stellt, so gibt's doch auch in ihr manche Stunde 
der Erholung und der Freude. Davon will ich nicht sprechen, daß ihr 
in der Kaserne gut und reichlich verpflegt werdet, so daß mancher Rekrut, 
der mit blassen Wangen hineinkam, mit dicken und roten Backen wieder 
hinausging, auch davon nicht, daß diese zwei Jahre zu den sorglosesten eures 
Lebens gehören, weil ihr euch um keine Nahrung und Kleidung zu bekümmern 
habt, sondern an die wirklichen Freudenstunden will ich euch erinnern. 
Wie manches Mal, wenn ihr in euren Stuben sitzt, erzählt ihr euch etwas 
aus eurem Leben; der eine weiß dies, der andere das. Da macht ihr eure 
Witze; da pfeift ihr euch ein Lied oder singt's zusammen im Chor. Oder 
unten in der Kantine fitzt ihr beim Glase Bier und raucht eure Pfeife; 
gute Bücher stehen euch zur Verfügung, und eine Fülle anregend ge—
	        
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