Full text: Erzählungen aus der Geschichte des Altertums und der deutschen Geschichte (Bd. 2)

44 III. Lebensbilder aus der deutschen Geschichte. 
Da wurde ihm erzählt vom bösen König Karl von Anjou, der das 
schöne Italien, Kourads Erbe, an sich gerissen habe. Er hörte, wie Karl 
den tapferen Oheim Konradins, den edlen König Manfred, in Sizilien durch 
Verrat besiegt habe, wie Manfred in der Schlacht bei Benevent den Tod 
gefunden. Da glühte des Jünglings Seele. Wenn er dann zn den Schnee¬ 
gipfeln der Alpen aufsah, so schaute er im Geiste die Heere seiner Ahnen 
über das trotzige Gebirge dahinziehen. Dann packte es ihn, daß der brennende 
Wunsch, es ihnen gleich zu tun, in ihm laut wurde. Solche Gedanken teilte 
er dann seinem Freunde Friedrich von Baden mit, dem sein mütterliches 
Erbe, das herrliche Österreich, gleichfalls geraubt worden war. Beide Jüng¬ 
linge schlossen einen Herzensbund und versprachen, sich gegenseitig zu helfen, 
ihr Erbe wieder zu erlangen und die Räuber zu bestrafen. So wurde Kon¬ 
radin 16 Jahre alt. 
§ 2.. Der Zug nach Italien. 
Da kamen Boten aus Italien und forderten Herzog Konradin auf, das 
Erbe zu erobern und Italien von dem grausamen Karl zu befreien. Be¬ 
gierig griff Konradin zu. Trotz der Bitten der weinenden Mutter rief er 
zum Zuge nach Italien auf. Tausende kamen. So zog er davon, begleitet 
von seinem Waffen- und fchlachtenknndigen Oheim Ludwig von Bayern. Doch 
in Italien angekommen, kehrte Ludwig mit den meisten wieder um. Der un¬ 
erfahrene Jüngling blieb mit feinem Freunde allein. Mit wenigen Tausend 
treuer Ritter zog er nach Süden weiter, Karl entgegen. Der lag zwischen 
Bergen versteckt mit starker Macht. Als Konradin auf Rom marschierte, 
riß der Papst aus, da er es mit Karl hielt. Er rief die Worte aus: „Der 
Knabe zieht nach Apulien wie zur Schlachtbank." 
Endlich traf das kleine Heer den Franzosenkönig. Mit solcher Wucht 
griff Konradin an, daß zwei Drittel des feindlichen Heeres in wilde Flucht 
geschlagen wurden. Doch das letzte Drittel lag im Hinterhalte. Und als 
die Deutschen sorglos sich des Sieges freuten, ihre Rüstungen ablegten, da 
brach Karl mit dem letzten Teil seiner Macht wütend herein. Ehe sich Kon¬ 
radins kleine Schar sammeln konnte, wurde sie überritten. Den Freunden 
blieb nichts als Flucht übrig. So wandelte sich der Siegestag in schnelles 
Unglück. Flüchtig erreichten Konradin und Friedrich mit wenigen Getreuen 
das Meer. Sie fanden ein Schiff, das sie nach dem treuen Sizilien bringen 
sollte. Da sahen sie sich von einem großen Schiff eingeholt. Es war ein 
Schiff des Italieners Frangipani. Als Konradin diesen Namen hörte, er¬ 
gab er sich, weil er sich erinnerte, daß dieser Graf von seinem Großvater 
reichlich beschenkt worden war. Vergeblich warnte man den treuherzigen 
Jüngling. 
Kaum gelandet, ließ der falsche Frangipani den Königssohn gefangen 
nehmen und gegen reichen Lohn an Karl ausliefern. Da freute sich der 
tückische König gewaltig. Aber kein freudiges Leuchten ging jemals über fein
	        
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