Full text: Bilder aus dem Gebirge und Berglande von Schlesien und den Ebenen in Posen von der Oder bis zur Weichsel (Bd. 8)

14 Aus Schlesiens Vergangenheit. 
Tod nannte, befallen waren, wurden vor innerlicher Hitze fast rasend, starben 
plötzlich und massenhaft, gewöhnlich am fünften Krankheitstage. Bald vermochte 
man die Toten nicht mehr zu beerdigen; ganze Ortschaften starben in jener Zeit 
aus. Die Krankheit war aus dem Morgenlande nach Europa verschleppt 
worden; aber dem unwissenden Volke wurde vorgeredet, die Juden hätten sie 
veranlaßt, weil sie die Brunnen vergiftet hätten. Und nun begannen auch in 
Schlesien unselige Judenverfolgungen; die Unschuldigen wurden ins Gefängnis 
geschleppt und viele auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Andre glaubten, Gott 
habe die Krankheit wegen der vielen Sünden der Menschen geschickt, und, um 
den Zorn Gottes zu besänftigen, müsse man Buße thuu. Diese Büßer durch- 
zogen auch Schlesien im Jahre 1349; man nannte sie Flagellanten oder Geißel- 
brüder. Ihre Kleider waren mit Kreuzen bezeichnet, jeder trug eine mit 
eisernen Stacheln durchstochteue Geißel. Nirgends blieben sie länger als einen 
Tag. Sobald sie an einen Ort kamen, schlössen sie auf einem freien Platze 
einen Kreis, entblößten Rücken und Brust, und einer nach dem andern warf 
sich so auf die Erde und breitete seine Arme so aus, daß der Körper wie ein 
Kreuz aussah; dann stand er aus und zerfleischte sich mit seiner Geißel. Nun 
folgten Gesänge, feierliche Gebete und die Verlesung eines Briefes, den ein 
Engel geschrieben und in Jerusalem abgegeben haben sollte, in welchem jedem, 
der sich 34 Tage lang mit ihnen ziehend geißelte, von Christus die göttliche 
Erbarmung zugesichert wurde. Man nahm keinen in diese Brüderschaft auf, 
zu der auch Weiber gehörten, der nicht für seinen täglichen Unterhalt sorgen 
konnte und dem Anführer Gehorsam gelobte. Anfangs fanden die Geißel- 
brüder großen Beifall und Zulauf; aber bald zeigte es sich, daß sich mit dieser 
Schwärmerei arge Zügellosigkeit und Unsittlichkeit vereinigte, so daß der Bischof 
den Unfug verbieten mußte. 
Zu dem Unglück kam noch die Landplage der Teurung und Hungersnot, 
so daß z. B. der Roggen auf das Vierundzwanzigfache seines gewöhnlichen Preises 
> stieg. Dennoch gehört die Regierung Karls zu den segensreichsten für Schlesien. 
Wentel (1378—1419). Der Pfaffenkrieg oder der Sierstreit Wischen 
dem Lreslaner Hat und den Domherren. Breslau wieder im Kann. Karls IV. 
Sohn Wenzel war seinem Vater nicht ähnlich; er heißt in der Geschichte der 
Träge oder auch der Grimmige und wird von vielen Geschichtschreibern geschmäht 
und getadelt. Das steht jedenfalls fest, daß er nicht zum Heile Deutschlands 
und seiner Erbländer die Zügel der Regierung mit schlaffer Hand ergriff; er 
überließ sich einer unglaublichen Trägheit und legte durch seine Ungeschicklich- 
keit und Nachlässigkeit den Grund zu vielen inneren und äußeren Unruhen, 
die später Böhmen und Schlesien verwüsteten; sein Jähzorn verleitete ihn oft 
zu Grausamkeiten, seine Unbeständigkeit und sein Hang zum Trünke machten 
ihn verhaßt. 
Noch hatte sich Wenzel in Breslau nicht huldigen lassen, als schon wieder 
ein böser Streit zwischen Stadt und Dom ausgebrochen war. Damals stand 
das Schweidnitzer Bier in großem Rufe, und es wurde nach allen Richtungen 
hin ausgeführt und ausgeschenkt. Der Breslauer Rat hatte zu diesem Zwecke 
ein eignes Schanklokal unter dem Rathause eingerichtet, das heute noch unter
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.