Full text: [Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.]] (Teil 3 = Oberstufe, [Schülerbd.])

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Gemächer und befahl kurz: „Umkleiden!“ Als er damit fertig 
war, erschien der Minister von Meinders, der sich zu entschuldigen 
begann, daß er dem Kurfürsten die Zeit der Erholung geschmälert 
habe. „Kein Wort darüber,“ rief ihm Friedrich Wilhelm entgegen, 
„die Pflicht ruft, — ich bin da! Sogleich will ich die französischen 
Flüchtlinge empfangen.“ — „Gnädigster Herr, es wird vorher noch 
eine Audienz zu erteilen sein · — Welche?“ Der Gesandte 
Frankreichs verlangt dringend eine Unterredung mit Ew. Gnaden.“ 
— „Gut, wir wollen den Herrn Marquis empfangen.“ Der 
Kurfürst schritt mit Meinders nach dem Empfangssaale, wo ihn 
der Marquis von Rebenac mit zierlicher Verbeugung begrüßte. 
Friedrich Wilhelm erwiderte diese artig, aber gemessen. Hoch 
aufgerichtet, seiner gewaltigen Kraft sich bewußt, stand er da. 
Die einfache Kleidung des Jägers war der prächtigen Tracht des 
Fürsten gewichen, hoher Ernst war an die Stelle der Fröhlichkeit 
getreten. „Sie kommen zu außergewöhnlicher Stunde, Herr 
Marquis,“ redete er den Gesandten an, „und ich muß daher wohl 
annehmen, daß ein besonderer Auftrag Ihres Königs Sie 
hierherführt.“ — „Ew. Durchlaucht Weisheit hat wie immer das 
Richtige getroffen,“ entgegnete Rebenac; „Se. Majestät König 
Ludwig XIV. haben mir Befehl erteilt, eine Unterredung bei 
Ew. Durchlaucht nachzusuchen.“ — „Sie ist Ihnen bewilligt.“ — 
„Durchlaucht,“ nahm Rebenac das Wort, „mein Herr hat es für 
notwendig gehalten, jenes Edikt aufzuheben, das sein Vorfahr 
dereinst zu Nantes zum Besten der Hugenotten erließ. Von dem 
Tag an suchten jene Schutz in Deutschland, Holland, vor allem 
bei Ew. Durchlaucht. Böte sich den aufrührerischen Untertanen 
keine neue Heimat dar, so würden sie sich geduldig dem neuen 
Gesetze fügen. In der Aussicht aber auf Ew. Durchlaucht Schutz 
wagen sie es, Frankreich zu verlassen, und entziehen dadurch dem 
Reich eine große Anzahl von Kräften. Ich habe Befehl erhalten, 
gegen die Aufnahme der Hugenotten in Brandenburg Einspruch 
zu tun.“ 
Über das Antlitz des Kurfürsten zuckte es wie ein Wetterstrahl. 
„Und das Verlangen Sr. Majestät?“ fragte der Kurfürst mit 
erkünstelter Ruhe. — „Es ist einfach, gnädiger Herr. Heut ist 
wiederum eine Anzahl französischer Flüchtlinge in Berlin 
eingetroffen. Ich bitte Ew. Durchlaucht im Namen Sr. Majestät 
von Frankreich, diesen neuen Ankömmlingen Ihr Land verschließen 
zu wollen.“ — „Und wenn ich diese Bitte abschlage?“ Rebenac
	        
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